Edinburgh erleben: Wanderwege durch die Stadt
Vom Kopfsteinpflaster ins Grün
Edinburgh ist eine mittelalterliche Stadt. Das hat viele Vorteile, denn alles ist nah beieinander, die Gebäude sind historisch, massiv und beeindruckend. Wer zum Beispiel die Royal Mile auf und ab spaziert, sieht einige der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten und schottische Traditionsläden. Die alte Stadt ist aber auch voller holpriger Kopfsteinpflaster und beim Spaziergang geht es viele Hügel hinauf und hinunter. Mir reicht es vom Kopfsteinpflaster, ich will ins Grüne. Das geht in der Hauptstadt Schottlands wunderbar, denn viele Parks, Seen und Berge liegen drumherum – und dafür muss ich nicht in die schottischen Highlands fahren.
Jede Art von Geologie
Er ist eine schweißtreibende Angelegenheit, der Marsch von Edinburgh aus auf eines der Monumente Edinburghs: „Arthur’s Seat“. Und das ist so gar nicht zu erahnen, denn er sieht nicht wirklich spektakulär aus, dieser Hügel. 250 Meter ist er hoch. Rau, felsig, einzigartig. Natürlich sagenumwoben, wie so vieles in Schottland. Es ist nur ein Hügel, denke ich mir, und Hügel erklimmt man in Edinburgh andauernd. So schlimm kann es also nicht werden, wenn selbst James Hutton, der als Vater der Geologie gilt, einst sagte: „Wenn ich auf Arthur’s Seat steige, kann ich jede Art der Geologie sehen, die es auf der Welt gibt.“
Arthur’s Seat ist ein riesiger erloschener Vulkan, rund 350 Millionen Jahre alt und tatsächlich die höchste Erhebung der schottischen Hauptstadt. Mehrere Wege führen nach oben, kurz und steil oder länger und etwas langsamer ansteigend, und dann sind da noch jede Menge unmarkierter Wege, die im Zickzack durch das Gras von Arthur’s Seat führen. Der Schotterweg entlang der Salisbury Crags ist für mich der schönste und lässt mich fast vergessen, dass ich mitten in einer großen Stadt bin. Wanderschuhe sind von Vorteil, denn Schotter und Sand bahnen sich ihren Weg in alle Turnschuhe.
Im Rücken habe ich die Sehenswürdigkeiten von Edinburgh und das Meer - die Brise ist immer angenehm kühl. Bis ich oben angekommen bin, habe ich doch ganz schön gearbeitet. Doch die Aussicht von Arthur’s Seat ist einfach sagenhaft: Man sieht die gesamte Stadt in all ihrer Schönheit, das Meer, die Hügel – und das alles tatsächlich, soweit das Auge reicht.
Zurück nehme ich den steilen Weg, eine Mischung aus Schotter, Erde und ziemlich unebenen Steinstufen. Wer ab und zu Wandern geht, schafft das locker. Wichtig ist aber tatsächlich, gutes Schuhwerk und einen Pullover dabei zu haben.
Von wahren schottischen Märchen
Auch zu Arthur’s Seat gibt es natürlich die Gruselgeschichten, wie sie an jeder Ecke der mittelalterlichen Stadt zu hören und zu sehen sind. Eine geht so: Fünf Jungs wanderten im Jahr 1836 auf den Vulkan. In einer Höhle entdeckten sie 17 kleine Särge aus Holz. Darin lagen Holzfiguren. Warum diese Särge dort versteckt waren, ist bis heute ein Rätsel. Auch woher der Name für den markanten Hügel kommt, kann niemand mit Gewissheit sagen. Hat der legendäre König Arthur dafür Pate gestanden? Oder stimmt die Theorie des Geologen John Milne, der 1912 in einem Buch zu gälischen Ortsnamen den Namen als „Platz auf hohem Grund“ („Suidhe Ard-Thir“) herleitet? Wie so oft in Edinburgh gibt es mehrere Wahrheiten – und jeder weiß eine andere Geschichte zu erzählen.
Ort für Kriminelle, Reiche und Politiker
Ich bin angefixt – und mache am nächsten Tag gleich noch eine weitere Tour. Diesmal zieht es mich nicht ganz so weit ins Grüne. Mein Ziel ist der Calton Hill, östlich der Princes Street. Der historische Hügel gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und war schon Vieles: ein Ort für Gefängnisse, die Häuser der oberen Zehntausend, Regierungsgebäude und das Stadtobservatorium. Heute lohnt sich ein Besuch von Calton Hill vor allem bei gutem Wetter.
Von hier aus habe ich einen wunderbaren Rundumblick – und bin trotzdem mitten in Edinburgh. Der Anstieg ist nicht ganz so beschwerlich wie auf Arthur’s Seat, den ich vom Calton Hill aus bestens sehen kann. Um die steilen Stufen komme ich allerdings nicht herum. Doch im Vergleich zum Vortag ist das schon fast entspanntes Schlendern. Nach meinem Wandern in der Stadt ist für mich klar: Nächstes Mal will ich auf 27 Kilometern über die sieben Hügel Edinburghs wandern und die faszinierende Landschaft der schottischen Highlands genauer unter die Lupe nehmen.