5 Bars in München, die auf hausgemachte Zutaten setzen
Call Soul: Geschüttelt, gerührt und handgemacht
In meinen wilden zwanziger Jahren war ich am Wochenende hauptsächlich in Schwabing unterwegs. Heute komme ich noch ab und zu her. Umso mehr fällt mir auf, wie viel sich hier tut. Unzählige neue Geschäfte, Restaurants und Bars geben dem einstigen Szeneviertel ein neues Gesicht. Zwar etwas abseits vom Trubel rund um den Wedekindbrunnen, dafür aber in der Barkultur unter den Top-Adressen ist das Call Soul. Mit viel Fingerspitzengefühl kreiert das dreiköpfige Team an der Bar außergewöhnliche Drinks mit selbstgemachten Spirituosen. Der "Legindary" etwa, eine Gin-Infusion mit sieben Pflanzenextrakten wie Beeren, Blüten oder Kräutern, wird in der eigenen Manufaktur hergestellt. Ebenso wie der exotische "Affengeil"-Rumlikör mit Bourbon Vanille und indischem Tellicherry-Pfeffer. Letzterer bildet die Basis für mein Cocktail-Highlight bei Call Soul: dem Frucht-Cocktail "Affenliebe". Er wird in einem geschnitzten Affenkopf mit Erdbeergarnitur, Schokoladensticks, Blätterdeko und Bambushalm serviert. Hier steckt Kreativität, Anspruch und ein Hauch Verrücktheit in jedem Detail. Den Affen leergeschlürft? Im Bahnhofsviertel schlagen wir eine neue Geschmacks-Route ein, von exotisch zu traditionell.
Mehr anzeigenSchiller Bräu: Frauenpower statt Tabledance
Bevor wir zum nächsten Meister-Cocktail übergehen, legen wir einen Stopp bei einer meiner Lieblings-Brauereien ein. Wer "Brauhaus" hört, denkt vielleicht an verschnörkelte Eckbänke aus Holz und viel Nippes. Doch in München schießen immer mehr Brauereien aus dem Boden, die dieses Bild neu definieren. Dazu gehört auch das Schiller Bräu im Bahnhofsviertel. Beim modernen Innendesign kaum vorzustellen: Wo heute reduzierte Holzmöbel, eine grüngeflieste Bar und Kupferkessel stehen, haben bis vor Kurzem noch Damen an der Stange getanzt. Inzwischen hat sich die Brauerei zum echten Treffpunkt für junge Bierliebhaber entwickelt – und ein Stück Bayern in das umtriebige Viertel gebracht. Die Besonderheit: Das Schiller Bräu braut sein Bier selbst und tischt jeden Monat außergewöhnliche Sorten auf. Im Sommer trinke ich hier gern das "Ratschkathl", ein naturtrübes leichtes Bier mit erfrischender Zitrusnote. Um die Weihnachtszeit dagegen wärmt das malzige "Rauwuckerl"-Weißbierbock mit stolzen sieben Prozent Alkohol. Anstich ist übrigens jeden ersten Mittwoch im Monat um 18 Uhr in der Brauerei-Stube. Soweit zum traditionellen Teil der München Bar-Tour. Jetzt tauchen wir ab in asiatische Geschmackswelten.
Mehr anzeigenHutong Club: Cocktails mit geräuchertem Tee oder Yuzu-Marmelade
Das Bier hat den Appetit angeregt? Dann empfehle ich den Hutong Club als nächsten Stopp, ein Restaurant mit hervorragender Bar. Ich war lange sicher, asiatische Küche gut zu kennen, doch was mir hier aufgetischt wurde, löste eine Geschmacksexplosion unbekannter Aromen aus. Die Inspirationen für ihre moderne China-Küche holten sich die zwei deutschen Betreiber aus München in Peking. Diesen Eindrücken ist auch das Innenleben des Restaurants nachempfunden: Decke und Wände des Hutong Clubs sind in edlem Schwarz gehalten, tief hängende Lampen erhellen ausschließlich die kleinen Tische. In der Raummitte faucht ein fliegender roter Drachen. Die Kulturreise setzt sich an der Bar fort. Unbedingt zu empfehlen ist der "Smoky Tea Old Fashioned" mit Bourbon und geräuchertem Schwarztee. Wenn mir mehr nach Süßem ist, genieße ich gerne den "Yuzu 28". Ein Cocktail aus Jinzu Gin, Cointreau, Zitrone, Salz, Tonic und Yuzu Marmelade. Letztere ist in Asien sehr beliebt und wird aus der Yuzu-Frucht gewonnen, die nach einer Mischung aus Orange, Blüten und Grapefruit schmeckt. Bereit für Spirituosen mit Bayern-Touch? Der nächste Stopp liegt nur 15 Minuten Gehweg entfernt.
Mehr anzeigenMunich Distillers: Vorsicht, Schwabing brennt!
Keine Angst, noch steht Schwabing, aber gebrannt wird trotzdem: in der Destillerie von Konstantin Graf v. Keyserlingk und seinen Freunden. Das Konzept der "Munich Distillers": hochwertige Spirituosen mit bayerischen Noten verfeinern – und mit guten Freunden genießen. Das Erstlingswerk, der Wodka „Monaco“ etwa, trägt das Aroma von bayerischem Hopfen. Wodka und Bier? Klingt komisch, schmeckt aber herrlich! Der Weizen verleiht dem Wodka eine besonders weiche Geschmacksnote. Außerdem empfehlenswert ist der „Elf58 Gin“, der mit echtem bayerischem Bierbrand mazeriert, also angereichert ist. Durch diese Geschmacks-Expedition führt mich Barmeister Markus Wimmer am Tresen. Wer noch tiefer in die Materie eintauchen will, kommt zu Markus' Tastings und Workshops vorbei. Ich reiße mich los, denn es gibt ja noch einen fünften Tipp auf meiner Favoritenliste. Ich warne schon einmal vor: Es könnte eng werden!
Mehr anzeigenBarroom: Kleinste Bar in München
In meine Lieblingsbar in Haidhausen, dem "Barroom", passen allerhöchstens 20 Gäste – und es fühlt sich jedes Mal wie eine Ehre an, zu diesen zu gehören. Das Highlight sind nicht allein die Drinks, sondern auch der Barchef selbst. Denn wenn Emanuele Inguscis eins versteht, dann ist das, ein guter Gastgeber zu sein. Sein Credo: In seinem Mikrokosmos gibt es keine Hektik, nur gute Zutaten, perfektionierte Mixkunst und jede Menge Leidenschaft. Dem entspricht das unaufgeregte Ambiente mit gedimmtem Licht, Jazzmusik und frischen Basilikum-Sträuchern an der Bar – jeden Morgen frisch vom Markt besorgt für den Basil-Smash. Meine Empfehlung? Den Drink nicht aus der Karte wählen, sondern gemeinsam mit Emanuele erfinden! Ich könnte dem gebürtigen Italiener stundenlang zuhören, wenn er mir wieder eine Geschichte eines Cocktail-Klassikers oder die Philosophie von gutem Rum erzählt. Sie ist schon ein eigener Kosmos, diese Barwelt. Und ich freue mich schon auf die nächste Expedition.
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