Süß, süßer, Honigkuchen – ein gemeinsamer Imkerkurs in Nürnberg
Honigsüßer Ausblick über Nürnberg
Was für ein Ausblick! Vor uns liegt der Hauptbahnhof, daneben die Oper, hinter uns die rotgedeckten Dächer der Nürnberger Altstadt. Ein exklusives Erlebnis, das wir für einen Moment in ungestörter Zweisamkeit genießen: Wir stehen auf dem Dach des Neuen Museums. Hinaufgeführt hat uns der Nürnberger Imker Bernd Kobr, der die Imkerei Stadtgold betreibt und auch Kurse anbietet. Normalerweise ist das Dach nicht öffentlich zugänglich. Kobr legt die Ausrüstung für unser Romantik-Abenteuer bereit: Imkeranzüge mit Schutzschleier, dazu einen Stockmeißel. Für ein paar Stunden wollen wir Imker sein und uns in die faszinierende Welt der Bienen begeben, die hier oben fleißig Honig produzieren.
Die Stadt als Speisekammer der Bienen
Bernd Kobr ist Stadtimker. Seine Bienenkästen stehen auf den Dächern des Neuen Museums, der Meistersingerhalle, des Hilton-Hotels beim Lorenzer Reichswald und auf der idyllischen Insel des Zeltner-Wasserschlosses. „An jedem Standort produzieren die Bienen anderen Honig, weil sie unterschiedliche Nahrung finden“, führt uns Kobr zu Beginn unseres Imker-Workshops in die Bienenkunde ein. Was sie von ihren Bienenkollegen auf dem Land unterscheidet? „In der Stadt finden die Tiere ein abwechslungsreicheres Nahrungsangebot.“ So blühen hier im Frühsommer an einer Ecke Robinien, ein paar Straßen weiter Linden und in den Balkonkästen viele bunte Blumen. Viel Nahrung für die emsigen Nektarsammler, denen wir nun so nah wie nie begegnen wollen.
Servus Honigbienen, wir suchen eure Königin
Ein sanftes Schwirren empfängt uns, als wir mit dem Stockmeißel langsam den mit Honig verklebten Bienenstock öffnen. Mit einem sogenannten Smoker gibt Kobr Rauchstöße nach innen, was die Bienen ruhig macht und uns die Arbeit erleichtert. Rund 30.000 Bienen leben in einem Volk zusammen. Was nach großem Gewusel klingt, sieht von Nahem sehr geordnet aus. Hier weiß jeder, was er zu tun hat. Es wird geflogen, gesaugt und getanzt: Mit ihrem Schwänzeltanz kommunizieren die Bienen untereinander, wo es gerade Nahrung gibt. Wir dagegen sind ziemlich ratlos: Wir wollen den Schwarm kontrollieren und die Königin suchen. Nur wie ein einzelnes Bienchen unter zigtausenden finden? Zusammen mit Kobr nehmen wir die Rahmen aus dem Stock und schauen die Waben genau an. Und tatsächlich, dort ist sie, die Königin, die jetzt im Frühjahr schon Brut gelegt hat.
Drohnen im Landeanflug
Weil die Bienen uns so höflich ignorieren, wagen wir eine kleine Mutprobe. Eine Biene auf die nackte Hand zu nehmen, erfordert Überwindung. Der Imker sucht dafür Drohnen aus, Bienen-Männchen, die keinen Stachel haben. So sitzen die Tierchen auf unseren Handrücken, federleicht und ein wenig kitzelig. Langsam führen wir die Hand immer näher zu den Augen und genießen den Blickkontakt mit Maja, beziehungsweise wohl eher mit Willi. Bevor wir uns von Willi und seinem Schwarm verabschieden, dürfen wir den Honig natürlich verkosten – wabenfrisch, versteht sich. „Ab Ende Mai kann man ungefähr alle zwei Wochen frischen Honig ernten“, erklärt Imker Kobr. Je nach Jahreszeit ändern sich der Geschmack und die Farbe. Was wir uns nun auf die Lippen träufeln, ist also ein absolut einzigartiges Geschmackserlebnis. Kobr hat den Geschmack frisch geschleuderten Honigs schon als Kind geliebt und würde nie wieder etwas anderes als seinen eigenen Honig auf dem Frühstückstisch dulden. Und auch wir wollen mehr davon. Deshalb freuen wir uns schon auf unseren nächsten Stopp, bei dem es Kobrs Stadtteilhonige zu kosten und zu kaufen gibt. Gemeinsam verschließen wir die Bienenkästen und bedanken uns bei Kobr und seinen 30.000 fleißigen Bienen für die ausgiebigen und faszinierenden Einblicke in ihre Welt.
Süßes Vergnügen auf frisch gebackenem Weckla
Nun haben wir Lust auf ein leckeres Honigbrot und machen uns auf zu Hildes Backwut, die zu einer der besten Bäckereien Deutschlands gewählt wurde. Bei einem knusprigen, mit Zutaten aus der Region gefertigten Nürnberger Weckla genießen wir im kleinen Café-Bereich die verschiedenen Stadtteilhonige von Imker Bernd Kobr. Die gibt es nämlich bei Hilde zu kaufen. Natürlich ist dies nicht der einzige Ort, wo wir den Stadtgold-Bienenhonig als Souvenir aus Nürnberg bekommen. Das süße Mitbringsel gibt es auch im Shop des Neuen Museums, bei Ecokiosk sowie auf den Weihnachtsmärkten der Zeltnerschlossinsel und beim Schloss Almoshof.
Honigkuchen mit langer Tradition
Apropos Backwaren und Honig. In Nürnberg ist es für uns natürlich auch ein Muss, Honig in fester Form als Honigkuchen zu genießen. Bei Lebkuchen Schmidt in der historischen Altstadt probieren wir uns durch das Sortiment. Wir erfahren, dass es die berühmten Leckerbissen ohne die Imker im stadtnahen Lorenzer Reichswald nie gegeben hätte. In dem großen Waldgebiet südlich von Nürnberg verrichteten seit dem Mittelalter die Zeidler, also Imker, ihr Handwerk. Die Zeidler waren angesehene Leute – Honig war damals das einzige Süßungsmittel und machte so die Lebküchnerei erst möglich. Herr Kobr und seine Stadtbienen sind also die logische Weiterführung eines alten Handwerks, das aus Nürnberg nicht wegzudenken ist.
Unser Fazit: Nürnberg ist vom Honig geprägt. Der Imkerkurs hat nicht nur Spaß gemacht, sondern wir verstehen jetzt auch noch besser, wie wichtig die Stadtimker für den Erhalt der fleißigen Honigbienen sind. Beim Genuss des morgendlichen Honigbrotes werden wir nun immer an Imker Kobr und seine Tierchen denken.
Noch heute feiert Nürnberg zusammen mit dem örtlichen Imkerverein die Zeidler im Sommer mit einem Bienenfest.