Naturabenteuer: Nicht weit von Stockholm sind Ufos gelandet
Atemberaubendes Weltnaturerbe
Für dieses schwedische Naturwunder solltest du auf jeden Fall Wanderschuhe einpacken. Die Höga Kusten, zu Deutsch Hohe Küste, ist das Ergebnis der letzten großen Eiszeit vor rund 15.000 Jahren. Die Felslandschaft am Bottnischen Meerbusen, rund fünf Autostunden nördlich von Stockholm, wurde einst von gigantischen Eismassen aufgestaucht. Wanderer, Bergsteiger und Skiläufer lieben die weitgehend unberührte Landschaft entlang des 130 Kilometer langen Küstenwanderwegs. Seit einiger Zeit ist die mit Naturreservaten gespickte Region um eine Attraktion reicher, die selbst die New York Times schwärmen ließ: Mitten im Fichtenwald stehen überraschende Objekte und Ufos. Manche muten wie ausgefallene Kunstwerke an, andere fügen sich mit ihrem organischen Design nahtlos in die Umgebung ein. Erst auf den zweiten Blick geben sie sich als kleine Holzhütten zu erkennen: Unterschlüpfe für Wanderer und Abenteuerlustige.
Jahrtausende altes Baumaterial
Waren hier etwa Hobbits oder Aliens am Werk? Bauingenieur und Waldhütten-Liebhaber Martin Björklund wirkt nicht wie ein Hobbit, sondern ist mehr der Typ „blonder Wikinger“. Er veranstaltet seit 2017 jährlich das Architekturfestival Arknat und lebt damit seine großen Passionen aus: die Liebe zur Natur und Begeisterung für tolles Design. Die Idee: Angehende Architekten, Designer, Ingenieure und Tischler entwerfen, planen und bauen in nur zwei Wochen neue Wald- und Wanderhütten. „Wir wollten das Konzept der Wanderhütte weiterentwickeln“, erklärt Björklund den Hintergrund. „Zugleich lernt der Nachwuchs dabei die Arbeit mit Holz – einem nachhaltigen und vielseitigen Baustoff, den der Mensch seit Jahrtausenden einsetzt und der immer wichtiger wird“, so Björklund weiter.
Dazu muss man wissen: In Schweden hat jeder freien Zugang zur Natur – auch auf Land, das sich in Privatbesitz befindet. Das sogenannte Jedermannsrecht ist gesetzlich verankert. So ist hier ein ausgeprägtes Netzwerk an Wanderwegen mit spartanischen Hütten entstanden, die Spaziergängern Schutz vor der Witterung bieten.
Exportschlager Waldhütte
Einer uralten Idee einen modernen Twist verpassen, dieses Konzept hat dem Arknat reichlich Aufmerksamkeit beschert. Drei Jahre und neun neuerrichtete Hütten später wurden auch andere Regionen auf das Projekt aufmerksam. In Skåne, dem zweiten Standort des Arknat-Festivals etwa zwei Autostunden von Kopenhagen entfernt, war vergangenes Jahr auch Tim Bruder dabei. „Das war eine wunderbare Erfahrung, weil wir mitten in der Natur ein Haus im Maßstab 1:1 bauen konnten“, berichtet der 25-jährige Architekturstudent aus der Nähe von Stuttgart. Gemeinsam mit anderen Teilnehmern entwarf er eine Hütte mit traditionellem schwedischem Muster und nahm dazu Elemente der umgebenden Natur und eines benachbarten Soldatenhauses aus dem 16. Jahrhundert auf. Und die Erfahrung hat ihn geprägt: Auch nach dem Studium möchte sich Bruder nun dem Bauen mit natürlichen Materialien widmen.
Inzwischen gibt es eine Warteliste mit weiteren Regionen in Schweden, die das Arknat zu sich holen wollen. „Sollte es Anfragen aus anderen Ländern geben, wäre ich auch nicht abgeneigt“, gibt Björklund zu. Die Hütten am Höga-Kusten-Wanderweg sind auf Google Maps zu finden. Tims Pfahlkonstruktion können Wanderlustige wenige Kilometer nördlich der Sporrakullagård Farm entdecken – aber nur mit Wanderschuhen. Mit dem Auto sind die Arknat-Ufos meist nicht zu erreichen.
Der Artikel von Alexander Wolff ist erstmals im WINGS Magazin erschienen.