48 Stunden in Tavira: zwischen Geschichte und Natur
Tag 1: Wo Geschichte greifbar wird
9 Uhr: Buntes Straßenkino am Morgen
Ich beginne den Tag recht früh mit einem köstlichen Frühstück in der Pastelaria Veneza. Der Laden liegt am Praça da República, dem pulsierenden Zentrum der Stadt. Ein halbes Dutzend Damen im besten Alter sitzt fröhlich schnatternd zusammen. Zwischendurch nippen sie immer wieder an ihrem „bica“, einer Art Espresso, oder essen genüsslich ein Stück Mandelkuchen. Für mich ist die Pastelaria Veneza ein perfekter Platz, um das lebendige Straßenkino mit ständig wechselnden Darstellern zu genießen. Ich könnte stundenlang hier sitzen bleiben, um dem bunten Treiben zuzuschauen. Aber dann würde mir vieles von der Pracht Taviras verborgen bleiben.
10:30 Uhr: Eine der ältesten Brücken Portugals
Frisch gestärkt schlendere ich zur nahen Ponte Antigua – auch Ponte Romana genannt –, einer römischen Brücke über den Rio Gilão mit sieben Bögen. Während ich die Brücke und die sich im Fluss spiegelnden Häuser fotografiere, nähert sich ein älterer Herr. Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, dass die Brücke in ihrer jetzigen Form aus dem 17. Jahrhundert stamme, aber auf einem alten, römischen Fundament stehe.
11 Uhr: Nächster Geschichte-Stopp
Die Igreja de Misericórdia ist das vermeintlich bedeutendste Renaissance-Bauwerk der Algarve und mit vielen bunten Azulejos (Kacheln) geschmückt. Ich bin zwar kein Kachel-Fan, muss aber zugeben, dass die riesigen Wandbilder aus blau-weißen Fliesen ziemlich hübsch sind.
12:30 Uhr: Kirchenbesichtigung, die zweite
Und noch eine Kirche lasse ich mir nicht entgehen: Die Igreja de Santiago de Tavira soll auf den Resten einer alten Moschee errichtet worden sein. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gotteshaus immer wieder erweitert. Damit ist mein Kirchenhunger für heute gestillt. Apropos Hunger. Nun ist es Zeit für eine kleine Stärkung.
13:30 Uhr: Was die Portugiesen zu Mittag essen
Für ein kleines Mittagessen gehe ich ins Castelo café e restaurante. Viele Einheimische kommen wegen der exzellenten Steaks hierher. Ich esse einen nicht weniger gelungenen Eintopf mit Fisch und Garnelen (muqueca de peixe de camarão ou mista). Unter einem schattigen Baum mache ich es mir bequem und beobachte beim Essen wieder das Straßenkino auf dem Kopfsteinpflaster. Einen „bica“ zum Abschluss und schon geht es weiter.
15 Uhr: Ruine mit Ausblick bis Faro
Ich spaziere durch das Castelo de Tavira, eine Festung aus dem 11. Jahrhundert – bzw. die Ruine, die davon übrig ist. Im Jahre 1755 verwüstete ein großes Erdbeben weite Teile der Stadt inklusive der mittelalterlichen Burg. Erhalten sind Teile der alten Wehrmauer und eines Saalbaus, sowie mit dem Arco da Misericórdia ein stolzer Torbogen. Der Garten der Ruine ist traumhaft schön. Noch schöner sind die Ausblicke von der Burgmauer auf die Stadt. Unter mir breitet sich das Häusermeer mit den eigentümlich gewellten Dächern, den vielen Kirchenkuppeln, dem Rio Gilão und den Salinen aus. Sogar die Ilha de Tavira, jene wunderschöne Badeinsel vor der Lagune des Naturparks Ria Formosa in der Nähe von Faro, liegt mir in der Ferne zu Füßen.
16:30 Uhr: Ein Kurztrip mit 360-Grad-Blick über die Algarve
Einen Katzensprung entfernt habe ich am Torre de Tavira ganz neue Perspektiven. Wieder geht es hoch hinaus. Auf dem Dach des historischen Wasserturms vermittelt eine Camera Obscura in Echtzeit einen 360-Grad-Rundumblick über Tavira, während eine kleine Ausstellung durch die wichtigsten Epochen der Stadtgeschichte führt.
17:30 Uhr: Bröckelnde Fassaden und prachtvolle Häuser
Ich lasse mich durch die Straßen und Gassen treiben. Längst hat das einstige Handelszentrum der Algarve an Bedeutung verloren. Von vielen Fassaden bröckelt der Putz. Gleichwohl versprühen die prachtvollen Häuser noch immer viel vom Charme der Vergangenheit. Luftdurchlässige Türen aus geflochtenem Holz sind nur ein Teil des arabischen Erbes. Geprägt wird das Flair auch von vielen kleinen Läden. Eigentlich bin ich immun gegen Impulskäufe. Doch beim Anblick der hübschen handgefertigten Decken, des traditionellen Kunsthandwerks und der hübschen Keramik, juckt es schon ein wenig im Portemonnaie.
18:30 Uhr: Abendessen in der Thunfisch-Hochburg Portugals
Ich kann mich nicht so recht entscheiden, was ich zu Abend essen möchte. Also mache ich mich auf zum Mercado da Ribeira. Im ehemaligen Hauptmarkt Taviras gibt es verschiedene Cafés und Restaurants. Das Meer vor der Haustür, der feine Duft – was bleibt mir anderes übrig: fangfrischer Fisch soll es sein. Schließlich ist die Stadt so etwas wie die Thunfisch-Hochburg Portugals. Ich entscheide mich für die gegrillte Variante des „atum“. Ein absoluter Genuss, vor allem mit dem „vinho verde“, einem jungen „grünen“ Wein.
22 Uhr: Übernachten in einem ehemaligen Kloster
Ich übernachte im Hotel Pousada Convento da Graça. Das Hotel ist im Convento de Nossa Senhora da Graça untergebracht, einem ehemaligen Augustinerkloster aus dem 16. Jahrhundert. Auch wenn es zu spät für einen Sprung in den Pool ist, genieße ich die Atmosphäre des alt-ehrwürdigen Gemäuers mit seiner Mischung aus Barock- und Renaissance-Elementen.
Tag 2: Schlendernd zu Strand, Salzpfannen und Anker-Friedhof
9 Uhr: Käse-Toast zum Frühstück
Ich starte den zweiten Tag meines Kurztrips mit einem Frühstück im Saboreia Cha e Cafe. Ein Kaffee und ein überbackener Toast mit viel Käse und frischen Tomaten sollen es sein. Bevor ich gehe, lasse ich mir noch ein paar von den leckeren Küchlein einpacken, für die das Café in Portugal bekannt ist.
10 Uhr: Die Geschichte des Salzes
Zu Fuß geht es vor die Tore der Stadt. Dort bestaune ich zahlreiche Salzpfannen, mit deren Hilfe das „weiße Gold“ dem Meer abgerungen wird. Es ist schon beeindruckend zu sehen, wie aus Meerwasser und Mineralien mit Sonne und Wind die begehrten weißen Kristalle entstehen.
12 Uhr: Einer der schönsten Praias in Portugal
Eine Fähre bringt mich in wenigen Minuten vom Anleger an der Rua Doutor José Pires Padinha zur Ilha de Tavira. Die Insel in der Ria Formosa ist mehr als zehn Kilometer lang und bis zu einem Kilometer breit: traumhafte Strände (Praias) soweit das Auge reicht!
12:30 Uhr: Wo stürze ich mich in die Fluten?
Ich habe die Qual der Wahl und probiere es zunächst an der fast menschenleeren Terra Estreita, einem feinen schmalen Strand östlich vom Praia do Barril. Das Wasser des Atlantiks ist nicht so frisch, wie es oft heißt. Im ersten Moment kostet es mich ein wenig Überwindung, aber einmal untergetaucht, bin ich hin und weg.
15 Uhr: Anker erinnern an die Geschichte des Thunfisch-Fangs
Nach mehr als zwei Stunden Sonnen und Baden zieht es mich an einen weiteren Strand: die Praia do Barril. Bevor ich mich abermals in die Fluten stürze, setze ich mich ins Barril Beach Café und erfrische meine trockene Kehle mit einem kühlen Getränk. Dann nehme ich eine kleine Besonderheit unter die Lupe – oder vor die Linse. Ein „Anker-Fiedhof“ in den Dünen säumt den Strand. Er dient als stille Hommage an den hier einst so rentablen Thunfisch-Fang.
19 Uhr: Essen wie die Einheimischen
Der Hunger meldet sich, obwohl ich am Nachmittag die mitgebrachten Küchlein verputzt habe. Mit der Fähre geht es zurück in die Stadt. Eine gute Anlaufstelle ist das bei den Einheimischen beliebte O Noel. Dort gibt es schmackhafte und üppige Portionen – überwiegend Fisch-Gerichte. Ich gönne mir einen Salada de Bacalhau com Grão und stelle zufrieden fest: So wunderbar schmeckt die Algarve!
Mein Fazit: Faro, Albufeira, Sagres oder Portimao stehlen Tavira gern mal die Show. Ein Kurztrip in die kleine Stadt ist für mich aber ein Muss – denn nirgendwo sonst spaziert man so entspannt zwischen Geschichte, Natur und langen Sandstränden.