'Daumen hoch': Taste für positives Feedback
5 Min. estimated reading time. Written by:

Von der Mellah in die Medina

Am imposanten Eingang zum Königspalast Dar El Makhzen warte ich am Vormittag auf meine Freundin, die mir bei einem Spaziergang ihre Stadt zeigen wird. Ich kann mich kaum satt sehen an den wunderschönen Details. Vor allem an den bunten Mustern der Mosaike bleiben meine Blicke immer wieder hängen. Sie sind so filigran, farbenprächtig in strahlendem Blau, Rot und Grün und aus winzigen Keramikkacheln gearbeitet.

Vom Palasttor schlendern wir durch das Judenviertel und weiter in die Medina, die Altstadt von Fès. „Judenviertel würden wir nie sagen. Hier in Marokko nennen wir es Mellah“, erklärt meine Freundin. Wegen der Verfolgung der Juden im Spanien des 14. Jahrhunderts flohen viele von ihnen nach Marokko. Sie ließen sich hier nieder und waren am Salzhandel beteiligt. Der Name „Mellah“ bedeutet übersetzt Salzmarkt. Die Mellah in Fès ist die älteste des Landes. Die Balkone an den Häusern sind bunt verziert. Aus manchen Fenstern flattert bunte Wäsche. In den Auslagen der Obst- und Gemüsehändler liegt frisches Gemüse in allen Farben. 

Wo sich auch Einheimische verlaufen

Wesentlich früher als die Juden kamen die Mauren nach Fès – und sie brachten die Mosaikkunst mit. Durch eines der verzierten Stadttore tauchen wir in das Gassengewirr der Altstadt und ihren Souk ein: rechts kunstvolle silber- und messingfarbene Lampen aus Metall, links frische Datteln, vor uns Lederschuhe und -taschen in allen Formen und Farben, sowie bunt verzierte handgetöpferte Teller, Schalen und Tajine-Gefäße aus Ton. Es ist ein Rausch der Farben und Sinne. Ein feiner Duft von Jasmin, Orangen und Zimt liegt in der Luft. Ich weiß kaum, wohin ich zuerst schauen soll.  „Die Medina ist verwirrend. Auch ich verlaufe mich manchmal“, sagt meine Freundin. 

Tücher, Schals und Seide aus Agaven

Wir werfen einen Blick in das reich verzierte Gebäude der schönsten Koranschule Marokkos, die Medersa Atterine. Sie steht neben der Qarawīyīn-Moschee, der wichtigsten Moschee des Landes. Feine Holzschnitzereien und Stuckarbeiten schmücken die Säulen, Bögen und Decken. Wir betreten den Innenhof mit seinem schönen Mosaik und bewundern all die Pracht - eine wahre Farbexplosion.

Eine Wand mit bunten Mosaiken. Quelle: Helena Andrejkova

In die Koranschule dürfen auch Nicht-Muslime. „Marokko ist berühmt für seine große Handwerkskunst“, sagt meine Begleiterin. Und ich kann das nur bestätigen. Die Schönheit der Gebäude und des Kunsthandwerks sowie der Duft von Gewürzen und marokkanischen Früchten machen den Zauber aus Tausendundeiner Nacht aus.

Im Laden Le Tissage Traditionell schauen wir einem Seidenweber über die Schulter. Er breitet farbenprächtige Tücher, Schals und Decken vor uns aus. Sie sind herrlich weich, mal ganz zart und mal kuschelig warm. Von zartem Rosé bis zu kräftigen Purpur- und Blautönen sind alle Farben dabei. Und sie sind so schön, dass ich mich kaum entscheiden kann. Schließlich nehme ich einen orangefarbenen und einen roten Schal. Eine sommerliche Erinnerung für die grauen Monate zu Hause in Deutschland wandert in meine Tasche. Ein Marokkaner in dem Laden erzählt mir: „Das sind die Farben des Sonnenuntergangs, es sind die Farben Marokkos“. Die Seide wird hier aus Agaven hergestellt.

Verlaufe dich in den Gassen der Altstadt von Fés.

Kleine Pause von der bunten Sehenswürdigkeiten-Tour

Zeit für einen Mittagsimbiss! Meine Freundin kennt ein nettes Restaurant gleich um die Ecke. Die Wände und der Boden des Restaurants mit dem Namen Darori sind schmuckvoll verziert. Wir bestellen mehrere Vorspeisen und eine vegetarische Bastilla.

Ansicht der Chouara Ledergerberei. Quelle: Indre Brazauskaite

Fès ist nicht nur Marokkos älteste Stadt und Gründungsort des Landes, in der Stadt steht auch die älteste Universität der Welt. Die Stadt ist außerdem berühmt für ihre Keramikkunst und jahrhundertealten Gerbereien. Empfehlen kann ich die Chouara Ledergerbereien und die Keramikwerkstatt Art Naji. Hier kann man den Künstlern und Meistern der Mosaike über die Schulter schauen. Die Tour durch die Mosaik-Werkstatt ist kostenlos, die Preise im Shop dafür etwas teurer, als bei anderen Anbietern. Dennoch lohnt es sich, denn die Menschen hier sind freundlich, unaufdringlich und erklären Besuchen gern jeden Arbeitsschritt.

Tagesausklang mit orientalischer Musik

Am frühen Abend treffen sich die Einheimischen an den Brunnen der mit grünen Palmen gesäumten Avenue Hassan II. Der Prachtboulevard in der Neustadt wird liebevoll als „Champs Elysées“ von Fès bezeichnet. Hier tobt das kunterbunte Leben der Stadt bis in die schwarze Nacht hinein. Wir lassen den Abend in einem zauberhaften Palastrestaurant mit köstlichen Menüs und orientalischer Livemusik und Tanz ausklingen. Was für ein schöner Tag!

Mein Fazit: Fes ist wirklich wie aus 1001 Nacht. Hinter jeder Tür und in jeder Gasse gibt es etwas zu entdecken. Die vielen Farben der Sehenswürdigkeiten haben uns verzaubert!

Katja Gartz

Andere Stories

Vorherige Artikel anzeigen
Nächste Artikel anzeigen