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Fliesen stöbern bei Gazete Azulejos

Natürlich möchte man sich vom Portugal-Urlaub gern eine besondere Wandfliese als Erinnerung mit nach Hause mitnehmen. Statt auf Flohmärkten & Co. antike Keramiken dubioser Herkunft zu kaufen, sollten Liebhaber stattdessen besondere Reproduktionen historischer Motive als Souvenir ins Auge fassen. Bei Gazete Azulejos gibt's geometrische, florale und abstrakte Muster. Die beiden jungen Frauen haben auch einen Online-Katalog erstellt, komplett mit Straßennamen und -nummern – so kann man vorher schon mal im Sessel Lieblingsmuster recherchieren. Ein einzigartiges Projekt. Übrigens: Wer beim Erkunden der Stadt eine ungewöhnliche Wand- oder auch Bodenfliese entdeckt, kann die Info einschicken und am Katalog mitwirken: als aktiver Fliesenfinder!

Der gelbe Hauseingang zu einem kleinen Getränkeladen, der mit portugiesischen Wandfliesen verziert ist. Quelle: Alamy / Rob Atherton

Azulejo-Workshop – Kunst zum Selbermachen

Ein guter Ort, um so richtig ins Thema einzutauchen, ist das Atelier der Keramikkünstlerin und Kunsthistorikerin Adosinda Pereira. Seit den neunziger Jahren arbeitet sie mit der ehrwürdigen Verbindung von Erde und Feuer, seit 2003 hat sie ihren Laden in der steilen Ferreira-Borges-Straße, wo sich auch der historische Mercado gleichen Namens und der edle Börsenpalast finden. Hier kaufen auch Portugiesen individuelle Einzelstücke ein. Neben Azulejos hat „Zinda" noch eine zweite Leidenschaft: das historische und architektonische Erbe ihrer Heimatstadt, das sie oft in ihre Arbeit einbezieht – in einer Serie abstrakter Mosaik-Fliesen zu Portos Brücken zum Beispiel.

Kleine Porzellanschüsseln mit bunter angerührten Farben stehen auf einem weißen Untergrund. Quelle: Alamy / Charoen Dokkularb

Hinten in Zindas kreativ vollgestelltem Arbeitsbereich können wir bei einem Workshop Teil dieses Prozesses sein und unsere eigene Kunstkachel herstellen. Als Motivvorlage wählen wir ein in der Antike gebräuchliches Acanthusblatt-Relief, das man oft an den Hauswänden der Stadt sehen kann. Wer mehr Zeit hat, wählt ein Blumenornament, dessen Umrandung erstmal mit einem speziellen Grafitstaub durch Pauspapier auf die Kachel übertragen wird. Dann kommt die Farbe auf die Fliesen, die wir selbst aussuchen und anrühren. Eine klassische Kombination ist blau und weiß.

Entdeckte Azulejo Kunst beim Städtetrip nach Porto.

Die Meisterin guckt uns immer wieder über die Schulter und gibt Tipps: „Mehr Wasser, damit du die ideale Farbkonsistenz bekommst!“ Diese Metalloxidfarben sind übrigens immer noch die gleichen wie zu Anfangszeiten der Fliesenmode. Wie so vieles in Portugal hat auch diese mit seinem Goldenen Zeitalter zu tun: Entdecker-König Manuel I. gefielen die hispano-arabischen Patios in Sevilla so gut, dass er sich gleich drei Schiffsladungen bestellte. Die ersten 300 Jahre schmückten die Keramik-Fliesen nur Innenräume, erst vor gut 200 Jahren sahen die Portugiesen ihren Vorteil als Außenverkleidung – Ende des 16. Jahrhunderts kannte die Kreativität keine Grenzen mehr. „Azulejo" kommt übrigens aus dem Arabischen („kleiner glasierter Stein") und hat nichts mit „azul" (blau) zu tun. Wobei im 18. Jahrhundert unter dem Einfluss Delfter Keramik tatsächlich blau-weiße Fliesenpaneele in Mode kamen – gerade in Porto. Gebrannt werden unsere bemalten Fliesen final bei 1.000 Grad in Zindas rundem Vintage-Brennofen am Eingang des Ladens.

Eine Frau mit Rucksack läuft eine lange schmale Gasse im Sonnenschein entlang. Quelle: Adrian Seliga

Auf Entdeckungstour durch die Stadt – von antik bis modern

Ein Gang durch die Stadt auf den Spuren der traditionsreichen Alltagskunst enthüllt die schönsten der berühmten Fliesenfronten, neoarabische Keramik-Fassaden und portugiesische Pop-Art. Wer per Zug angekommen ist, hat schon im São Bento-Bahnhof die Feuertaufe: Die Halle ist ausgekleidet mit 20.000 Exemplaren aus dem frühen 20. Jahrhundert. Nicht weit entfernt wartet eine der fotogensten und beeindruckendsten Keramik-Fassaden Portos: die Capela das Almas-„Seelenkapelle", umhüllt von knapp 16.000 Wandfliesen von 1929 mit Heiligenleben-Szenen. Auf dem Weg dorthin lässt sich prima die Pérola do Bolhão mitnehmen. Hinter der Jugendstil-Kachelfassade des Kolonialwarenladens gibt es feine Delikatessen. Neueren Datums ist die knallbunte Wand eines Steakrestaurants von Joana Vasconcelos. Für ihr poppiges Design benutzt die portugiesische Künstlerin traditionelle Materialien wie Kork und Häkelgarn oder eben handbemalte Wandfliesen. 

Eine Frau fotografiert die mit blauen Kacheln verzierten Wände in der Seelenkapelle. Quelle: mauritius images / Pixtal

Fazit: Wer mit offenen Augen durch Porto schlendert, entdeckt wunderschöne Alltagskunst – und eine selbstgestaltete Azulejo-Fliese wird garantiert immer zum Lieblings-Souvenir!

Kathleen Becker

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