'Daumen hoch': Taste für positives Feedback
4 Min. estimated reading time.

Trendziel für Sonnenhungrige

Hurghada, der ägyptische Badeort am Roten Meer, steht für Pauschaltourismus: Hotels, Pools, Sonne satt. Der perfekte Urlaubsort für viele, finde ich. Mein eigentliches Ziel: Eine andere Art Ferienparadies etwa 40 Kilometer nördlich vom Flughafen, der kleine Küstenort El Gouna. Hier steigen Abenteurer ab und können Individualreisende das authentische Ägypten erleben. Für viele Europäer ist El Gouna ein Trendziel, um in bunter Gesellschaft zu überwintern. Ein Ort voller spannender Lebensgeschichten, merke ich schnell, so wie die von Sytze, Norshek und Theresa. Uns zeigen die Aussteiger das Ägypten, das erst auf den zweiten Blick zu erkennen ist. 

Arabische Wüste in der Nähe von El Gouna Quelle: Madlen Krippendorf

Auf ins Wüstenabenteuer

Im Jeep fährt uns Sytze Boomsma weit hinaus ins Sandmeer. Dank Vierradantrieb geht es rauf auf Gebirgsplateaus mit herrlichen Aussichtspunkten. Ausgetrocknete Flussläufe erstrecken sich vor uns und Schluchten durchschneiden die Landschaft. Highlight ist ein knisterndes Feuer mit Beduinen-Picknick unter einem unfassbaren Sternenhimmel. Wer mit Sytze auf Wüstensafari gehen möchte, der findet sein Tour-Unternehmen Mountain Goats auf Facebook.

Stoße unweit von Hurghada, in El Gouna, auf das authentische Ägypten
Sytze Boomsma, Wüstenführer in El Gouna Quelle: Madlen Krippendorf

Sytze ist ein bunter Hund in El Gouna, das merke ich schnell. Den braungebrannten, tätowierten Niederländer verschlug es bereits 2005 nach El Gouna. Die Liebe zum Tauchen führte Sytze ans Rote Meer, das bekannt ist für seine Bilderbuch-Tauchspots und reiche Unterwasserwelt. Bis 2017 arbeitete er hier als Tauchlehrer. „Ab einem bestimmten Zeitpunkt kannte ich das Meer und seine Tiefen auswendig und begann mich umso mehr für das Land hinter der Küste zu interessieren – die Arabische Wüste. Sozusagen das Urmeer“, erklärt der 43-jährige seinen Berufswechsel vom Taucher zum Wüstenführer. Zusammen mit einer Gruppe von jüngeren Nomaden bietet Sytze bereits seit fünf Jahren Safaris an. „Wir wollten ein authentisches Erlebnis vermitteln. Touren, in denen Reisende ein Gefühl für die Region und ihre Bewohner bekommen und etwas lernen.“

Drei Menschen machen eine Tour in der Arabischen Wüste in der Nähe von El Gouna. Quelle: Madlen Krippendorf

Vom Coden zum Kosmetik anrühren

Norshek Fawzy zog vor sieben Jahren nach El Gouna, erzählt sie mir bei einem Treffen. Die quirlige Ägypterin betreibt einen Onlineshop und kleinen Laden nahe der Marina mit eigenen Bioprodukten und nachhaltiger Naturkosmetik. Davor sah der Alltag der zweifachen Mutter anders aus: In den USA entwickelte sie mit ihrem Mann Apps. Eine davon revolutionierte zwar die Fitnessbranche, doch die Arbeit wuchs ihnen über den Kopf. 

Der kleine Laden von Norshek Fawzy in El Gouna, Ägypten. Quelle: Madlen Krippendorf

„Wir hatten diese Herausforderung total unterschätzt. Stattdessen kehrten wir nach Ägypten zurück – für einen echten Neuanfang“, erklärt Norshek ihren Karriereschritt vom Codeschreiben zum Kosmetikanrühren. Haarseifen, Shampoos, Hautcremes, Parfums und Teemischungen stellt sie selbst her. El Gouna war wie gemacht für ihr neues Unternehmen. Hier konnte Norshek rasch ein Netzwerk aufbauen, um mit anderen Kosmetik und Konsum neu zu denken. „Wer nach El Gouna kommt, der sucht bewusst auch den Austausch mit Gleichgesinnten, mit Menschen, die bewusster leben möchten und weniger anonym“, sagt Tausendsassa Norshek. 

Die Windbegeisterte

Theresa Weberling ist eine von jenen, die El Gouna zum Überwintern für sich entdeckt haben. Entscheidend war für die gebürtige Kielerin nicht die ägyptische Sonne, sondern der Wind am Roten Meer. „Ich habe vor zwei Jahren das Kite Surfing für mich entdeckt und bin so auf El Gouna gestoßen. Hier hat sich eine Kite-Community etabliert, inklusive Kite-Schulen, Verleihern, Strandklubs und Wettbewerben“, erklärt Theresa. Daheim an der deutschen Nordseeküste leitet sie die Strandbar der Surfschule Windloop im niedersächsischen Neuharlingersiel. Die Weltenbummlerin und studierte Wirtschaftspsychologin mit den sonnengebleichten Haaren überwinterte bereits in Brasilien und arbeitete dort in einem Kite-Hostel. „Spätestens seit diesem Zeitpunkt widme ich mein Leben voll und ganz dem Kiten“, erklärt Theresa. 

Theresa Weberling bringt zwei Reisenden in El Gouna das Kite-Surfen bei. Quelle: Madlen Krippendorf

Im vergangenen Februar absolvierte sie dann in El Gouna ihre Ausbildung zur Kite-Lehrerin und machte aus ihrem Hobby ganz offiziell eine Berufung. „Hier ist das Wasser teilweise sehr flach, was super ist für Anfänger und Lehrende gleichermaßen“, ist Theresa begeistert. Wie Norshek und Sytze hat auch Theresa Gefallen an der Community des globalen Dorfs El Gouna gefunden: „Die [Community] ist natürlich ein Grund, wiederzukommen. Jetzt fange ich zwar im Oktober erstmal einen Master im Bereich nachhaltige Unternehmensführung an, aber studieren kann man ja heutzutage schließlich von überall aus.“ Wer sich auf El Gouna vorbereiten möchte, kann bei Windloop Anfängerkurse buchen.

Verbringe eine außergewöhnliche Zeit in El Gouna

Der Artikel ist erstmals im WINGS Magazin erschienen.

andere Stories

Vorherige Artikel anzeigen
Nächste Artikel anzeigen