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Die Altstadt in neuem Design – Habana Vieja

Meine Freundin und ich sind am Boulevard San Rafael, direkt zwischen Kapitol und Hotel Inglaterra unterwegs. Hier zeigt sich Kubas Hauptstadt mit ihrem historischen Baustil nicht weniger prächtig, aber dafür deutlich geruhsamer als anderswo im Zentrum. Zur Stärkung nehmen wir in einem der vielen Cafés ein Eis zu uns, denn bald geht’s ins Getümmel! Habana Vieja, wie die Altstadt Havannas genannt wird, ist nicht nur die größte Altstadt im Kolonialstil Gesamtamerikas, sondern zählt seit 1982 auch zum UNESCO-Weltkulturerbe. Seit 2006 laufen umfassende Renovierungen, die zum 500. Jubiläum Havannas im Jahr 2019 Fahrt aufnahmen: Das schauen wir uns an! Auf geht’s deshalb in die Calle Obispo, die Pulsader von Habana Vieja. Mit ihren bonbonfarbenen Häusern wirkt sie wie eine Perlenkette kolonialer Gebäude. Hier dringt das Leben aus allen Ecken und Enden. Laute Musik und exotische Gerüche ziehen uns tiefer hinein in die kubanische Altstadt. „Früher krachten regelmäßig Balkone herunter, heute sieht alles aus wie neu. Die Sanierung tut der Stadt gut und uns natürlich auch“, erzählt uns ein Kubaner, mit dem wir ins Gespräch kommen.

Blick auf die Straße "Calle Obispo" mit zwei Häuserfassaden. Quelle: Klaus Lang

Havannas ältestes Haus und ein wunscherfüllender Baum

Wir spazieren weiter zur Plaza de Armas, einer der vier historischen Plätze in Havanna, um den sich die Stadt im Jahr 1519 gegründet hat. An seinem Ende zur Meerseite hin steht El Templete, Havannas ältestes Gebäude – frisch verputzt. Der neoklassizistische Bau befindet sich seit 1827 auf dem kolonialen Fundament seines Vorgängerbaus. Hier tagte 1519 der erste Stadtrat der Kolonie. Die frisch renovierten dorischen Säulen des Bauwerks sind eine echte Augenweide. Was wir uns nicht entgehen lassen: Im Hof steht ein Ceiba-Baum, der von der afrokubanischen Santería-Religion verehrt wird. Legenden zufolge wird jenen, die ihn dreimal umrunden, ein Wunsch erfüllt.

Havannas ältestes Gebäude, El Templete, von außen. Quelle: Rafal Cichawa

Zum Mittag frisches Seafood im Kolonialstil

Jetzt haben wir Hunger! Einmal quer durch die Altstadt führt unser Weg direkt in die Asociación Canaría, gegenüber vom alten Bacardi-Hochhaus. In einem roten Kolonialstil-Gebäude serviert die Vertretung der kanarischen Gesellschaft auf der Insel das wahrscheinlich frischeste kubanische Seafood Havannas. Vor allem die gegrillte Languste ist ein echter Gaumenschmaus, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Lange nach Ende der Kolonialherrschaft haben sich viele spanische Vereine auf Kuba erhalten, die mit ihren Restaurants das kulinarische Angebot Havannas angenehm erweitern. In dem altehrwürdigen Ambiente mit Holzvertäfelung fühlt man sich wie auf einer der Atlantikinseln. Gespeist werden kann bei den Kanariern entweder drinnen im Obergeschoss oder im grünen Innenhof. (Noch) ein echter Geheimtipp!

Einige Langusten liegen auf Eis. Quelle: Gustav Müller

Im Hafenviertel alles neu: Tradition trifft modernen Stil

Weiter geht es Richtung Meer, vorbei am historischen „Castillo de La Real Fuerza“ ins Hafenviertel, wo wir auf einen Mix aus Tradition und Moderne stoßen. In Zeiten des Kolonialismus wurden hier die Waren zwischen Kuba und den Kontinenten umgeschlagen. Auf der Avenida del Puerto treffen wir auf einen riesigen Glaswürfel, der aussieht wie aus einer Science-Fiction-Kulisse und sich von den Wohnhäusern im Kolonialstil deutlich abgrenzt. Als wir näher rangehen, sehen wir, dass Teile der historischen Kanalisation sichtbar gemacht wurden. Das Hafenviertel galt lange Zeit als Schandfleck der Hauptstadt. Stadthistoriker Eusebio Leal und sein Team haben es in den letzten Jahren ordentlich aufpoliert, Geschichte der Kolonie und Gegenwart verschmolzen. „Manche der alten Lagerhäuser verwandeln sich nach Sonnenuntergang in Nachtclubs“, erzählt uns ein Anwohner. Weiter südlich entdecken wir das Zollgebäude aus Zeiten der Kolonialherrschaft, das gerade aufwendig saniert wird, sowie die Kreuzfahrtterminals der kubanischen Hauptstadt, wo immer ein paar Ozeanriesen vor Anker liegen. Tradition und Moderne kommen sich hier so nah wie nirgendwo sonst auf Kuba. Symbolisch dafür steht auch der neu eröffnete Ufersteg, der uns mehrere Meter hinaus aufs Wasser führt. Das altehrwürdige Hafenviertel im Rücken und den Horizont vor Augen fragt man sich unwillkürlich, was die Zukunft wohl als nächstes bringt. Besonders toll ist es hier abends, wenn die Lichter auf dem Wasser um die Wette leuchten.

Ein Kreuzfahrtschiff liegt im Hafen von Havanna. Quelle: Vadim Nefedov

Vor kolonialer Kulisse ein angesagtes Craft Beer trinken

Auch bei unserer letzten Station trifft das Alte aufs Neue und bringt einen interessanten Stil hervor: An der Südspitze der Hafenallee begrüßt uns eine alte Lokomotive aus der Kolonialzeit vor einer Lagerhalle. Daneben sitzen Leute mit riesigen Biersäulen an schlicht designten Tischen aus Massivholz – hier eröffnete vor Kurzem die neue Cervecería, eine Bierbrauerei von Havanna. Mit österreichischer Brautechnik wird hier Bier hergestellt und serviert. Wir haben die Auswahl zwischen drei frisch gebrauten Sorten und entscheiden uns für das Dunkle. Die laufende Anlage können wir durch das Glasfenster sehen. Draußen spielt Musik, eine Brise weht vom Meer herüber – schöner könnte unser Tag durch die Kolonial-Vergangenheit nicht enden.

Drei Gläser mit Craft Beer stehen auf einem Bartresen. Quelle: Maskot

Unser Fazit: Wer auf Städtereise Havannas Gebäude im Kolonialstil entdecken will, wird überrascht sein, wie viel sich anlässlich des 500. Stadtjubiläums im Jahr 2019 getan hat. Mit einer einzigartigen Symbiose aus Alt und Neu erstrahlt Kubas Hauptstadt in völlig neuem Glanz, ohne ihren Charme zu verlieren. 

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Marcel Kunzmann

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