Fantastisches Francesinha. Portos Stulle ist der perfekte Reisebegleiter.
Nahrhafte Kost nach einem langen Tag
Porto ist ohne Zweifel wunderschön. Es kann aber auch ganz schön anstrengend sein. Nach unserem Aufstieg auf die steilen Hügel verspüren wir auf jeden Fall ordentlichen Hunger. Entsprechend neugierig sind meine Partnerin und ich, als wir an einem Restaurant vorbeikommen, vor dem Leute auf einen Tisch zu warten scheinen. Auf den ersten Blick ist das Café Santiago alles andere als schick. Doch die Einheimischen werden ja wohl nicht irren. Der Blick auf die Speisekarte lässt wenig Zweifel an der Spezialität des Hauses: Es ist ein Sandwich und es hört auf den Namen Francesinha. Dem erklärenden Text entnehmen wir, dass es die Komposition seit ihrer Erfindung in den 1950er Jahren zu nationaler Bekanntheit gebracht hat. Auf dem Teller sehen wir wenig später ein turmhoch belegtes Brot, auf dem Mortadella, Schinken, ein kleines Steak, Käse und zur Krönung ein Spiegelei thronen. Keine Francesinha jedoch ist vollständig ohne die typisch dunkle Sauce und – bei entsprechendem Appetit – eine Portion Pommes Frites. Ein Glas Portwein ist optional.
Die beste Francesinha der Welt
Ein Essen, das für unsere Bedürfnisse wie gemacht ist. Trotz unserer positiven Erfahrungen aber halten wir die Francesinha vom Vorabend auch am nächsten Tag noch für eine Ausnahmeerscheinung. Doch während wir die hinreißend schöne Metropole erkunden, begegnet uns das kuriose Gericht immer wieder. Wir entdecken es auf T-Shirts und Buchdeckeln. Und natürlich auf den Speisekarten verschiedener Lokale. Also beschließen wir, uns intensiver mit der portugiesischen Spezialitäten zu befassen. Das zweite Exemplar verkosten wir im Lado B. Das Restaurant preist vollmundig an, „A Melhor Francesinha do Mundo“ zu servieren, die beste Francesinha der Welt. Was wir bekommen, sieht dann tatsächlich etwas anders aus: Die Zutaten scheinen hier auf merkwürdige Weise miteinander zu verschmelzen. Erst beim Aufschneiden und Halbieren werden die verschiedenen Ingredienzen sichtbar. Sie sind allesamt nicht viel dicker als beim Carpaccio. Dass solch ein eigentlich einfacher Snack so kunstvoll zubereitet werden kann, hätten wir nicht gedacht. Doch die Finesse ist nicht weiter verwunderlich, denn das Lado B wurde 2013 einzig mit dem Ziel ins Leben gerufen, der leckeren Spezialität zu huldigen. Dabei schreckt man selbst vor der sprichwörtlichen Quadratur des Kreises nicht zurück: Die Küche nämlich bietet auch eine vegetarische Francesinha an, bei der die vielen Fleischprodukte durch Tofuschnitzel und Sojawurst ersetzt werden. Ein guter Tipp für alle Vegetarier, die auf Portugals regionale, traditionelle Küche nicht verzichten wollen.
Croque Monsieur auf Portugiesisch
So hat das Essen seit seiner Erfindung 1953 eine beachtliche Evolution hinter sich. Seinerzeit hat ein aus Frankreich heimgekehrter Immigrant versucht, den Croque Monsieur auf Portugal zu übertragen. Ähnlich wie auch der Toast Hawaii in Deutschland handelte es sich ursprünglich um ein Essen, bei dem allerlei Reste verwertet wurden und das ordentlich satt macht. Eine sogenannte Speise für arme Leute, die ihr Schöpfer übersetzt „kleine Französin“ getauft hat. Das definierende Merkmal ist dabei die Sauce, deren Zusammenstellung in jedem Restaurant unterschiedlich ausgelegt wird. Zu den Zutaten gehören neben Tomaten auch Bier und Brandy. Nicht selten ist das mittlerweile auch in supermarktkompatiblen Flaschen erhältliche Ergebnis pikant bis scharf. Der Aufstieg der Francesinha aber scheint immer noch in vollem Schwung. Dies bestätigt unser Besuch im Brasao, einer Cerveceria schräg gegenüber des Lado B. Dort haben es sich die Betreiber nicht nehmen lassen, bei der örtlichen Brauerei Sovina ein Bier in Auftrag zu geben, das perfekt zum Snack passt. Ein super Tipp also für das portugiesische Essen.
Die 3. Begegnung mit der portugiesischen Spezialität
Mittlerweile schwant uns, dass wir es mit dem nächsten großen Ding zu tun haben könnten. Als wir hören, dass der große Fernsehkoch Anthony Bourdain der portugiesischen Stulle auf der Spur war, fühlen wir uns bestätigt. Der Amerikaner hatte in Begleitung einiger Einheimischer das O Afonso besucht und dem Sandwich in einer seiner Sendungen ein Denkmal gesetzt. Am letzten Abend unseres Städtetrips folgen wir diesem Tipp. Wir entdecken mit dem O Afonso eine volkstümliche Adresse mit portugiesisch gefliesten Wänden und einfachem Mobiliar. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl und willkommen.
Unser Fazit: Zwar weder leicht noch betont vitaminreich, aber: Das Francesinha ist in Porto der perfekte Begleiter für einen Städtetrip, der über viele Kilometer immer wieder bergauf und bergab führt. Und es ist die authentische kulinarische Visitenkarte einer viel zu lange unterschätzten Stadt.