Fado in Lissabon: Eine Städtereise zu Portugals Musik
Lieder voller Sehnsucht
Tiefstes Gefühl. Liebe und Freude. Sehnsucht und Wehmut. All das findet im Fado, der bekanntesten Musik der portugiesischen Kultur, zusammen. Fest steht: Diese portugiesische Musik ist unvergleichlich.
Das Fado-Museum in Lissabon: Geschichten und Legenden zu Portugals Musik
Die Kultur-Tour durch die Stadt führt uns zunächst ins Fado-Museum am Rand des Viertels Alfama. Im Museum erfahren wir, dass der Fado eine lange Geschichte hat, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Damals hörte man ihn zum ersten Mal in Lissabon. Anfangs war er vor allem die Musik niedriger Sozialschichten und erklang in urigen Kneipen, den engen Gassen Lissabons und den Bordellen der Stadt. Nach und nach wurde die Musik salonfähig – und ist es bis heute geblieben. Mittlerweile steht sie sogar auf der Liste des Immateriellen Weltkulturerbes.
Wortwörtlich bedeutet Fado „Schicksal“. Die portugiesischen Lieder sind poetischer Zauber. Sie kreisen um tiefe Gefühle, Freude, Sehnsucht, Wehmut, Traurigkeit, greifen aber auch soziale Probleme auf. Der Gesang ist gefühl- und kraftvoll zugleich. Begleitet wird er traditionell von mindestens zwei Gitarren. Wir finden einen kleinen Raum im Museum mit drei Sesseln. Dort nehmen wir Platz und setzen Kopfhörer auf – Zeit für erste Hörproben! Die Auswahl ist riesig. Ich entscheide mich für Stücke von Amália Rodrigues, der portugiesischen Königin des Fado, die in Lissabon geboren und gestorben ist.
Ein Spaziergang durch die Mouraria
Auch in den kopfsteingepflasterten Gassen der Stadt begegnet uns der Fado immer wieder, vor allem im Viertel Mouraria. Dort finden wir beeindruckende Outdoor-Porträts der Fotografin Camilla Watson. Portugiesische Fado-Stars wie Amália Rodrigues (1920-1999), Fernando Maurício (1933-2003) und Ana Maurício (geb. 1970) zieren in Lissabon sogar Hauswände. Die Stimmung in der Mouraria ist einzigartig. Enge Gassen wie die Rua do Capelão und die Rua João de Outeiro schnüren sich eng zusammen. Große Pflanzentöpfe stehen neben Hauseingängen. Bunte Wäsche hängt auf Spanngittern zum Trocknen. Wir lassen uns ein wenig treiben – und erleben Lissabon während unserer Städtereise hier besonders intensiv.
„Fado in Chiado“: Ein Muss bei einer Städtereise nach Lissabon
Ein Höhepunkt in der Stadt ist eines der unzähligen Livekonzerte. Locations dafür gibt es viele, manche verbunden mit einem (teuren) Abendessen und Drinks im Restaurant – für uns ist das nichts. Viel besser und ganz ohne Nebeneindrücke konzentriert man sich beim Konzert „Fado in Chiado“ rein auf die Musik. Ein gelungener Wechsel aus Soli, Duetten, Instrumentalstücken. Die Songs transportieren nicht nur Portugals berühmte „Saudade“ (Wehmut, Melancholie), sondern bringen auch Fröhlichkeit rüber. Das Konzert dauert 50 Minuten. Die Sängerinnen und Sänger stehen in einer Mischung aus historischem Theater und Kinosaal. Gänsehaut-Atmosphäre pur.
Das sagen die Sänger über Portugals Kultur
Für Sänger André Vaz, der bereits als Neunjähriger einen Wettbewerb gewann, „übersetzt der Fado das in Worte, was ins Herz geht.“ Fado zu singen, bedeutet für Vaz „jedem Wort und Gedicht seine Bedeutung zu geben, die sich über den Seelenzustand in diesem Moment definiert.“ Der Künstler gibt seit vielen Jahren Fado Shows in Lissabon, auch ein eigenes Album hat er schon aufgenommen. Sängerin Rute Soares sagen Zuhörer aus dem Ausland oft: „Ich verstehe die Texte nicht, aber ich bin berührt von der Art, wie die Künstler sie singen und ihre Körpersprache einsetzen.“ Uns geht es an diesem Abend ähnlich.
Wer eine Städtereise nach Lissabon macht, kann in Restaurants und Lokalen wie „Povo“ oder „Tasca do Chico“, beide gelegen im Viertel Bairro Alto, der Musik lauschen – und zwar kostenlos und ohne in die touristischen Fallen manch anderer Restaurants zu tappen. Über eine Spende nach dem Konzert freuen sich die Sängerinnen und Sänger aber trotzdem.
Mein Fazit: Die wahre Seele Portugals lässt sich bei einer Fado Show erleben. Die Stimmen der Künstler und die Klänge der Gitarren begleiten mich noch Wochen später.