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Königsweg in der Rechtstadt – eine Reise in die Vergangenheit

Wer über die Pflastersteine der Danziger Rechtstadt flaniert, fühlt sich in längst vergangene Zeiten zurückversetzt. Die Rechtstadt grenzt nordöstlich an die Altstadt und beherbergt einzigartige historische Bauwerke und Sehenswürdigkeiten. Nachdem ein Großteil der historischen Innenstadt im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, wurde sie in den 1950er Jahren neu aufgebaut. Das Vorbild: Die Blütezeit der Stadt im 16. und 17. Jahrhundert. Entdecke die architektonischen Einflüsse der Gotik, der Renaissance und des Manierismus bei einem Spaziergang auf dem 530 Meter langen Königsweg der aus Langgasse  (Długa) und Langer Markt (Długi Targ) besteht. Dir begegnen die bekanntesten Sehenswürdigkeiten wie das Rechtstädtische Rathaus, das Goldene Haus, das Uphagenhaus, der Artushof und zwei Stadttore: das Grüne Tor und das  Goldene Tor (auch Langgasser Tor). Im Zentrum befindet sich das Danziger Wahrzeichen: der Neptunbrunnen. Auch kulinarische Highlights gibt es in der Rechtstadt in großer Vielfalt. Wenn du in die authentische Esskultur Polens eintauchen möchtest, kommst du an „Pierogi” (Piroggen, polnische Maultaschen), „Barszcz” (Rote-Bete-Suppe) oder „Kaszebsczi Ser z czarnuszką” (kaschubischer Käse) nicht vorbei. Mein Tipp: Eine echte polnische Institution und mittlerweile wieder im Trend sind die traditionellen Milchbars (Bar Mleczny). Selbstbedienung, überschaubare Karte, günstige Preise und frische Hausmannskost sind hier Programm. Ein echtes Urgestein unter den Danziger Milchbars am Rande der Rechtstadt gelegen ist die Bar Turystyczny. Von Piroggen bis Kohlrouladen gibt es hier seit 1956 traditionelle polnische Küche für jeden Geschmack.

Schon gewusst?

In polnischen Milchbars wurden zunächst nur preiswerte Gerichte aus Milchprodukten und vegetarische Speisen angeboten, wodurch die Milchbars ihren Namen erhielten. Erst viel später waren auch Fleischgerichte Teil der Speisekarte. Ihre Blütezeit hatten die einfachen Lokale zur Zeit des sozialistischen Polens. In den vom Staat subventionierten Schnellimbissen konnten Menschen preiswert satt werden. Nachdem in den 90er Jahren viele Bars schließen mussten, erleben sie heutzutage einen Kultstatus. Hier treffen Renter:innen, Familien, Studenti:innen und Tourist:innen aufeinander.

Der Königsweg in der Rechtstadt – Danzig

Frauengasse – die malerischste Gasse Danzigs

Nicht verpassen solltest du die Frauengasse (Ulica Mariacka), eine Parallelstraße auf dem Königsweg, die von der Marienkirche (Bazylika Mariacka) bis zum Frauentor führt. Sie ist eine einzigartige und lebendige Erinnerung an die einstige Danziger Straßenbebauung. Die malerischen, schmalen Bürgerhäuser weisen die für Danzig typischen Beischläge auf: ein terrassenähnlicher Vorbau vor den Hauseingängen. Hier begegnen dir architektonische Vielfalt, Kunstgalerien und viele Bernsteinläden, wo du hochwertige Schmuckstücke erstehen kannst. Von den vielen Cafés und Restaurants aus kannst du die besondere Atmosphäre aufsaugen und noch etwas länger in der wohl schönsten Gasse Danzigs verweilen. An der imposanten Marienkirche angekommen, lohnt es sich, die 409 Stufen auf den Kirchturm hinaufzusteigen. Auf rund 82 Metern Höhe hast du einen grandiosen Ausblick auf die Stadt. Im Inneren der Backsteinkirche finden bis zu 25.000 Menschen Platz. Ein Highlight ist die 12 Meter hohe astronomische Uhr, die von ca. 1464 bis 1470 erbaut wurde. Sie zeigt Stunden, Tage, Monate, Jahre, Mondphasen und die Lage der Sonne und des Mondes im Tierkreis an.

Blick in die Frauengasse in Danzig.

Erlebe den Dominikanermarkt!

Ende Juli und Anfang August findet jährlich der Dominikanermarkt statt. Auf dem seit 1260 stattfindenden Markt gibt es neben Kunsthandwerk und Schmuck auch einen Jahrmarkt, Konzerte und Auftritte unterschiedlicher Künstler.

Extra-Tipp

Ein beliebtes Souvenir ist das Original Danziger Goldwasser: ein süßer Kräuterlikör mit echtem Blattgold veredelt.

Bernsteinmuseum in der Großen Mühle

Als Enkelkind von Großeltern aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten bin ich mit Bernstein-Schmuckstücken als Andenken an die Heimat meiner Vorfahren groß geworden. Daher hege ich eine besondere Verbindung zum „Gold der Ostsee”. Das fossile Harz aus Nadelbäumen entstand vor etwa 40 Millionen Jahren und ist in Danzig allgegenwärtig. Das Danziger Bernsteinmuseum ist daher für mich ein Muss. Schon allein der Ort des Museums ist ein Highlight. Die Große Mühle auf der Radaune-Insel in der Altstadt ist ein Relikt aus dem Mittelalter und galt einst als eines der größten Industriegebäude Europas. Nachdem sie im 14. Jahrhundert erbaut wurde, war sie bis 1945 in Betrieb. In dem historischen Backsteingebäude erlebst du heute interaktiv die besondere geschichtliche und kulturelle Bedeutung des baltischen Bernsteins. Besucher:innen erfahren Wissenswertes über die Entstehung und das Kunsthandwerk. Dabei gibt es viele seltene und ausgefallene Ausstellungsstücke aus Bernstein zu bestaunen. Übrigens: Montags ist der Eintritt, wie auch in vielen anderen Museen, frei. 

Das Danziger Bernsteinmuseum.
Das Danziger Bernsteinmuseum.

Auf den Spuren des Bernsteins

In der Brigittenkirche kannst du einen einzigartigen und imposanten Bernsteinaltar entdecken. Der 11 Meter hohe Altar ist ein Andenken an die Proteste im Dezember 1970, bei denen 28 Werftmitarbeiter ums Leben kamen. Die Brigittenkirche war als Treffpunkt der jungen freien Gewerkschaft während der Solidarność-Bewegung ab 1980 um Lech Wałęsa von großer Bedeutung.

Entdecke die Perle der Ostsee.

Das Ufer der Mottlau – Danzig vom Wasser aus

Vom Wasser aus lassen sich die Sehenswürdigkeiten und die Stadtgeschichte der Hansestadt Danzigs aus einer ganz neuen Perspektive bestaunen. Auf einem nachgebauten historisch polnischen Boot schipperst du über die Mottlau (Motława) und erlebst das einstige und heutige Danzig mit seinen vielen Highlights. Über 400 Jahre wurden die Flussboote in Danzig verwendet, vor allem im 18. Jahrhunderts waren die historischen Fahrmittel sehr populär. Hier lässt sich gut nachvollziehen, warum Danzig einige Jahrhunderte lang eine reiche Handelsstadt war. Die meisten Bootstouren starten an der Danziger Werft in Richtung Altstadt und Rechtstadt. Übrigens: Für echte Romantikfans gibt es auch Touren bei Sonnenuntergang. Erlebe die historische Stadt eingetaucht in goldenes Licht. Ein ganz besonderes Erlebnis! Auf weniger historischen Fortbewegungsmitteln, dafür aber umso preiswerter fährst du von Mai bis September mit den Wassertrams der Danziger Verkehrsbetriebe. Die F5 fährt in Richtung Westerplatte, die F6 nach Sobieszewo. Steige an der Grünen Brücke ein und erlebe den historischen Reichtum der Innenstadt und das regen Treiben am Industriehafen.

Das Ufer der Mottlau in Danzig.

Schon gewusst?

Danzig bildet gemeinsam mit den Nachbarstädten Gdynia und Sopot die Dreistadt (Trójmiasto) Metropolregion, die eine enge Zusammenarbeit pflegt. Jede der drei Städte verfügt über ihren ganz eigenen Charme und hat verschiedene Highlights zu bieten. Mit der S-Bahn gelangst du schnell in die angrenzenden Städte.

Ehemaliger Kurort Brzeźno – das Meer so nah

Nach all dem Stadttrubel sehnst du dich nach einer kleinen Auszeit? Dann wartet die Ostsee in unmittelbarer Nähe auf dich. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bist du in etwa 30 Minuten im Stadtteil Brzeźno, das im 19. Jahrhundert das Ostseebad Brösen war. Der älteste Kurort der Danziger Bucht bietet im Gegensatz zur deutlich überlaufeneren Stadt Sobot, ehemals Zoppot, einen oft leeren Strand. Hier kannst du in Ruhe spazieren gehen und die 136 Meter lange Seebrücke entlang laufen. In den umliegenden Strandbars kannst du es dir anschließend mit günstigen Fischgerichten und kühlen Drinks gut gehen lassen. Am Wald und in unmittelbarer Strandnähe gelegen, steht außerdem das alte Kurhaus – das Vorzeigeprojekt des ehemaligen Kurortes. Das denkmalgeschützte Gebäude aus dem 19. Jahrhundert erstrahlt frisch renoviert im neuen Glanz und ist ein Sinnbild für die 200 Jahre alte Bäderarchitektur. Heute beherbergt es Bildungszentrum, Hotel und Restaurant. Der weitläufige Strand ist auch bestens geeignet für ausgiebige Touren: Rad- und Wanderwege führen bis zum Pier des sechs Kilometer entfernten und beliebten Kurort Sobot. Hier kannst du nicht nur auf der Strandpromenade flanieren, sondern auch die Seebrücke und die schlossähnliche Parkanlage erkunden.

Ehemaliger Kurort Brzeźno in der Nähe von Danzig.

Mehr Meer! Geheimtipp Sobieszewo

Naturidylle pur findest auf der 15 Kilometer vom Stadtzentrum entfernten Insel Sobieszewo, ehemals Bohnsack, die du mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichst. Kiefernwälder und oft leere Sandstrände machen die Insel zu einem Traum für Menschen, die gerne wandern oder Rad fahren. Hier findest du die „wildeste” und grünste Seite Danzigs. In den beiden Naturschutzgebieten der Insel gibt es mehr als 200 Vogelarten und auch Robben.

Geschichte, Moderne und Kunst vereint – die Danziger Werft

Abseits der prunkvollen Gebäude der Innenstadt bietet die Kaiserliche Schiffswerft ein Kontrastprogramm, das nicht minder beeindruckend ist. In der Mlode Miasto entsteht ein Zukunftsviertel mit modernen Wohnungen, Bürogebäuden und Geschäften. Große Schiffskräne ragen zwischen den alten Werftgebäuden aus Backstein hervor und verleihen dem historischen Areal Industrie-Charme. Auf dem Gelände der Danziger Werft, auch als Lenin-Werft bekannt, war der Ursprung der Solidarność-Bewegung 1980, die eine entscheidende Bedeutung in der Revolution von 1989 einnahm. Auf dem Platz der Solidarität (Plac Solidarności), in der Nähe des Werfteingangs, erinnert ein Denkmal an die gefallenen Werftarbeiter. Hier findest du ebenso das Europäische Zentrum der Solidarität, das in einer Ausstellung die Geschichte der Bewegung und die Auswirkung auf die politische Lage Osteuropas dokumentiert.

Die Kaiserliche Schiffswerft in Danzig.

Du willst das Gebiet auf eigene Faust erkunden? Auf dem Kaiserlichen Werftweg stellen Schautafeln die Geschichte der Werft anschaulich dar. Auch einen Aussichtspunkt gibt es, wenn nicht gerade Winter ist: Vom M3-Kran hast du ein einzigartiges Panorama auf das Werftgelände. Neben historischen und modernen Einflüssen hat sich auf der Danziger Werft ebenso ein lebendiger Ort für Kultur, Kunst und Unterhaltung etabliert. In einigen leeren Industriehallen ist ein kreativer Raum der Street-Art-Kunstszene entstanden. Vor und in der Layup – UrbanArt Gallery findest du auf 600 Quadratmetern Graffiti und Street Art von Größen der Street-Art-Kunstszene. Die Ausstellung ist im ständigen Wandel, da regelmäßig neue Werke hinzukommen. In der Location 100cznia gibt es Food-Trucks und aus alten Containern errichtete Bars. Hier kannst du mit leckerem Street Food und Drinks die urbane Atmosphäre dieses außergewöhnlichen Ortes noch ein wenig länger aufsaugen. 

Entdecke noch mehr Street-Art

Im Stadtteil Zaspa kannst du an den Hochhäusern auf dem ehemaligen Flughafengelände noch mehr beeindruckende Street-Art entdecken. Großflächige Wandgemälde zieren die Plattenbauten und erzählen vom Wandel dieses bunten Ortes.

Oliwski-Park – die grüne Oase in Stadtnähe

Ein erholsamer Ruhepol zum trubeligen Stadtgeschehen ist der Oliwski Park im Stadtteil Oliwa, ehemals Oliva. Nach der 20-minütigen Bahnfahrt vom Hauptbahnhof in Danzig aus fühlst du dich wie in einer anderen Welt. Zisterziensermönche legten den zehn Hektar großen Park ursprünglich als Klostergarten an. Um 1186 wurde hier das Zisterzienserkloster gegründet. Auf der großen und sehr gut gepflegten Parkanlage kannst du einige Stunden verweilen und die Gegend erkunden. Besonders schön ist es, wenn alles grün ist oder sich im Herbst die Blätter verfärben. Es gibt unter anderem ein Palmenhaus mit exotischen Pflanzen, uralte Baumbestände und einen botanischen Garten. Im Café kannst du dich mit leckerem Kuchen und Kaffee stärken oder ein erfrischendes Getränk genießen. Im Sommer finden oft Open-Air-Konzerte mit klassischer Musik im Park statt. International bekannt ist das jährliche Mozartfestival „Mozartiana" Ende August. 

Oliwski-Park – die grüne Oase in Danzig.

Am Ende des Parks befindet sich der beeindruckende Dom zu Oliwa, dessen Bau ebenso mit dem einstigen Bestehen des Zisterzienserordens in Verbindung steht. Wer einmal hier ist, sollte unbedingt den täglich stattfindenden 20-minütigen Orgelkonzerten in der Kathedrale lauschen. Die variierenden Uhrzeiten stehen auf der Webseite der Kathedrale. Du interessierst dich für Kunst und Architektur? Dann kommst du hier voll auf deine Kosten. Die Architektur setzt sich unter anderem aus Baustilen der Renaissance, des Barock und des Rokoko zusammen.

Danzig wartet auf dich. Worauf wartest du?

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