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Fischgerichte vom Holzkohlegrill

Seit Jahrhunderten ist der Atlantik die Speisekammer für weite Teile der Algarve. Fisch und Meeresfrüchte haben ganze Generationen ernährt. Nicht von ungefähr stammen viele der beliebtesten Rezepte bis heute von den Fischern selbst. Einheimische schwören auf die Zubereitung des fangfrischen Fisches oder der Krustentiere über dem Holzkohlegrill. Und ich muss sagen: mit Recht!

Sardine: die Königin der Fische

Ungekrönte Königin unter den Speisefischen ist die kleine, aber überaus schmackhafte Sardine. Viele Einheimische sind sich einig darüber, dass die Sardine im Sommer, wenn sie weitgehend ausgewachsen ist, am besten schmeckt. Trotzdem ist sie längst zu einer Ganzjahres-Köstlichkeit geworden. In Portimão steigt jährlich im August das „Festival da Sardinha“ – ein fünftägiges Fest zu Ehren der Sardine mit Folklore, Musik und der Wahl des „Sardinenkönigs“. In Portimão gibt es unzählige gute Fischrestaurants. Besonders gut schmecken mir Sardine und Co. im Bacalhoada

Viele Sardinen liegen an einem Marktstand auf einem runden Tisch. Quelle: Photographer:Olga Shevtsova, Olga Shevtsova / EyeEm Mobile GmbH

Wo die Portugiesen essen

Generell gilt: Wer sich für kein Restaurant entscheiden kann, schaut einfach, wo die Portugiesen essen. Dies ist oft ein Indikator dafür, dass Preis und Qualität stimmen. In der Region gibt es preisgekrönte Sterneköche und Gourmet-Restaurants. Dazu gehören das Bon Bon im Dörfchen Sesmarias vor den Toren von Carvoeiro oder das Restaurant Ocean im Hotel Vila Vita Parc. Doch der wahre Geschmack der Algarve entfaltet sich in der typisch lokalen, eher einfachen und bodenständigen portugiesischen Küche.

Brasse, Seezunge und Bacalhau

Eine Wundertüte, aber fast immer ein guter Tipp ist der „peixe do dia“ – der Fang des Tages. Nachdem die Fischer in die Häfen zurückgekehrt sind, bringen sie ihre Ausbeute an Land. Ein Teil davon wandert direkt in die umliegenden Fischlokale, wo die Köche Brasse, Seezunge oder Schwertfisch über dem Holzkohlegrill zubereiten. Gewürzt werden sie meist nur mit Salz und ein paar Spritzern Zitronensaft. Ganz ehrlich: Mehr braucht es auch nicht. Wer Fisch mag, sollte sich den Bacalhau nicht entgehen lassen. Eine leckere Einstiegsvariante sind die „pastéis de bacalhau“, kleine Kabeljauküchlein. Köstlich sind auch die „carapaus alimados“, in Salz eingelegte und anschließend gekochte Makrelen. 

Portugiesischer Thunfisch in allen Formen

In und um Tavira dominiert Thunfisch (atum) die Speisekarten. Gerne wird er als gegrilltes Steak serviert, doch es gibt zahlreiche andere Rezepte und Zubereitungsarten. Ich kann die „estupeta“ empfehlen: rohe Thunfischscheiben mit einem Salat. Eine gute Anlaufstelle, um die Thunfisch-Varianten kennenzulernen, ist das Restaurant Aquasul in Tavira. 

Tintenfisch-Hauptstadt der Algarve

Südwestlich des 15.000-Seelen-Städtchens hat sich das kleine Dorf Santa Luzia den Ruf als Tintenfisch-Hauptstadt der Algarve erarbeitet. Der „chocos“ wird traditionell in Knoblauch und der eigenen Tinte gebraten. Raffinierter sind die „lulas recheadas“: Tintenfisch wird mit Knoblauchwurst, manchmal auch mit Schinken, sowie Reis gefüllt und in einer Zwiebel-Tomaten-Sauce geschmort. Mir schmeckt der „arroz de palvo“ besonders gut, ein Tintenfischeintopf mit Reis. Diese lokalen Gerichte kommen zum Beispiel im Restaurant Maré Alta auf den Tisch. 

Geschmacksexplosion im Kupfertopf

Genug vom Thunfisch – kommen wir zu den Muscheln. Egal ob Austern (ostras), Herzmuscheln (berbigões) oder Venusmuscheln (amêijoas) – aus ihnen lassen sich köstliche Gerichte wie Muschelreis (arroz de lingueirão) oder ein Bohneneintopf (feijoada de búzios) zaubern. Für eine sättigende „caldereida“ kommen verschiedene Fischsorten, Meeresfrüchte, Kartoffeln, mediterranes Gemüse und Kräuter in den Topf. 

An einem portugiesischen Gericht kommt an der Algarve niemand vorbei: Cataplana. Der Name bezeichnet eigentlich einen Kupfertopf, der zum schonenden Garen oder Dünsten von Fisch, Meeresfrüchten oder Fleisch verwendet wird. Längst ist er aber zum Synonym für die darin zubereiteten Speisen geworden. Sehr beliebt ist die „cataplana de amêijoas“ mit Venusmuscheln. Besonders gut schmeckt sie zum Beispiel im Restaurant Adega d’Alvor im Fischerstädtchen Alvor. 

Scharf, schärfer, piri-piri

Im Hinterland und Gebirge der Algarve ist die portugiesische Küche fleischlastiger. Hier kommen vor allem Lamm, Schwein, Wild und Geflügel auf den Teller. Ein Klassiker ist das „bife à Portuguesa“, ein Rindersteak portugiesischer Art mit Schinken und Bratkartoffeln. Manchmal gehört auch ein Extra-Spiegelei zum Rezept. Ebenso weit verbreitet sind „cabrito à Portuguesa“ (portugiesisches Zicklein) und „leitão“ (Spanferkel). Wer scharfes und würziges Essen mag, sollte sich unbedingt ein „frango piri-piri“ bestellen. Das Hähnchen in einer scharfen Chilisauce kann einem Tränen in die Augen treiben. Weniger würzig, aber trotzdem lecker ist das „frango na púcara“, ein Hähnchen in Weinsauce. Ganz großartig schmeckt das „piri-piri“ im Restaurant Rampa, das im Bergdörfchen Monchique zu finden ist.

Probiere dich durch Portugals Küche.

Die portugiesische Küche hat auch Suppen im Angebot: Eine Spezialität ist die „sopa de lebre“, eine Suppe mit in Rotweinmarinade eingelegtem Hasenfleisch. Sättigend, schmackhaft und preiswert sind zudem einfache Gerichte wie Kohl-, Kichererbsen- oder Maiseintöpfe („cozidos“), Grünkohlsuppe („caldo verde“), Wurst im Blätterteig („folhados de salsicha“) oder dicke Bohnen mit Wurst („favas à Algarvia“).

Zuckersüße Nachspeisen

Nach so viel Herzhaftem ist es Zeit für ein Dessert – zum Beispiel im Restaurante e Bar Querença in Loulé oder im A Forja in Lagos. Doch aufgepasst: Viele Süßspeisen in Portugal werden ihrem Namen mehr als gerecht und sind mir oft eindeutig zu süß. Hauptbestandteil vieler Nachspeisen sind Feigen, Mandeln und Orangen. Ob ein „pudim de laranja“ (Orangenpudding), ein „morgado de figo“ (Küchlein mit Feigen) oder die berühmten Puddingteilchen „pastéis de nata” – sie alle runden eine Mahlzeit perfekt ab. Das gilt auch für eine cremige Portion Milchreis („arroz doce“) oder ein Stück saftigen Mandelkuchen („toucinho do céu“).

Ein großer Mandelkuchen mit einem angeschnittenen Stück liegt auf einem Teller. Quelle: Ekaterina Chigireva, Ekaterina Chigireva / EyeEm Mobile GmbH

Portugiesische Weine und Spirituosen

Nach dem Essen genehmigt man sich in Portugal nicht nur einen Kaffee, sondern oft auch einen „medronho“. Das ist ein köstlicher Schnaps aus den Früchten des Erdbeerbaumes. Zum Essen darf zudem ein Gläschen des einheimischen Weines eigentlich nicht fehlen. Häufig wird „vinho verde“ ausgeschenkt, ein junger „grüner“ Wein, der sowohl als Rot- und Weißwein als auch als Rosé erhältlich ist. Nicht zu vergessen ist daneben der Portwein (vinho do Porto).

Die Küche der Algarve ist unglaublich vielfältig – und vor allem bodenständig. Die Entscheidung fällt oft schwer, deshalb mein Tipp: Einfach auf den Rat der Einwohner vertrauen. In diesem Sinne: Guten Appetit! Bom apetite! 

Karsten-Thilo Raab

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