Holzhütte, Puderschnee und Sauna im Biohof: Winterspaß nicht weit von Dresden
Uriges Weltkulturerbe: Das Erzgebirge
Feine Flocken rieseln im sächsischen Bergstädtchen Sayda seit Tagen auf die weiße Landschaft. Die nächtlichen Temperaturen verharren dort schon länger teilweise zweistellig im Minusbereich. Ideale Voraussetzungen für unsere Mission: Mit Annika, Benjamin und Katharina – meiner eingeschworenen Geschwistertruppe – breche ich ins Erzgebirge auf, um so richtig Winterurlaub zu machen.
Seit es 2019 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurde, ist das Erzgebirge angesagt. Aus den Hipster-Metropolen Berlin, Leipzig, Dresden und Prag leicht zu erreichen, ist die für Volkskunst, Bergmannskult und Weihnachtsschmuck bekannte Region jetzt Trendziel. Unsere Bleibe, der Altsächsische Gasthof Kleines Vorwerk, ist eine Mischung aus traditioneller Gebirgsherberge und Biohof. Ställe, stapelweise Brennholz vorm Haus und im Restaurant ein Kachelofen – genau der richtige Rückzugsort für uns.
Erzgebirgserlebnis Nr. 1: Winterwellness
Gleich bei der Ankunft macht Katharina Bekanntschaft mit Attila, dem ungarischen Hirtenhund, der Hof und Hühner, Gänse und Ziegen vor Füchsen und Wölfen beschützt. Hinter den Ställen steigt Rauch auf, denn in der Blockhaussauna wird schon der Ofen für uns angeheizt. Der Geruch von Holzfeuer mischt sich mit der klaren Waldluft. Durchatmen. Überall liegt Schnee, der unter unseren Stiefeln knirscht. Ringsherum Nadelbäume. Willkommen auf dem Land.
Wir setzen uns mit Kräutertee und heißem Sanddornsaft aus dem historischen Wirtshaus auf die Terrasse einer Holzhütte. Kurz darauf huschen wir in Bademäntel gehüllt hinüber in die hauseigene Sauna. Das Vorwerk-Team hat sie selbst gebaut. Rumänische Holzbauweise. Bei fast andächtiger Stille entspannen wir uns. Zum Abschluss die Mutprobe: ein Bad im Schnee.
In einem anderen schnuckeligen Holzhaus gibt’s abends erzgebirgisches Slow Food wie Pilzsuppe und Klöße. Ein Schriftzug über der Eingangstür erklärt die Vorwerk-Genusshütte stolz zum „kleinsten Restaurant Sachsens“.
Erzgebirgserlebnis Nr. 2: Mit Tieren auf Tuchfühlung
Am nächsten Morgen sind wir mit Landwirt Steffen Reuter, einem echten Naturburschen, mit Cowboyhut, kräftigen Händen und viel Fachwissen, verabredet. Er will uns die Tiere des Hofes zeigen. Wir starten mit einem Besuch auf der Weide bei den Kyloe-Rindern. Die gehörnten, zotteligen Schotten kommen neugierig etwas näher. Wir haben ihr Frühstück, altbackenes Brot, dabei. Der Leitbulle nähert sich auf etwa zwei Meter. Er visiert uns an. Für Reuter ein klares Signal, dass wir uns schon zu lange auf der Rinderweide aufgehalten haben.
Der Blick des Anführers ist respekteinflößend und berührend zugleich. Zur Herde gehören einige Jungtiere und der Bulle demonstriert, dass Kinderschutz hier ernst genommen wird. Bei der nächsten Station wird es kuschliger, denn dort dürfen wir mit den Lämmern auf Tuchfühlung gehen, was Katharina und Annika sichtlich genießen.
Nebenan hätten wir die Eier der Vorwerkhühner einsammeln können, doch die haben bei der Kälte keine Lust zum Legen. Stattdessen greifen wir zu den Forken und versorgen die Schafe und Pferde mit Heu. Die Wärme der Wintersonne reicht noch für ein kurzes Nickerchen im „Heuhotel“, über der sogenannten Jägerhütte bei den Ställen, dann treibt uns die Kälte zurück zum Kachelofen.
Erzgebirgserlebnis Nr. 3: Schneespaß
Langlauf, Rodeln, Pferdeschlitten: Langlaufloipen führen direkt über den Hof und ein Rodelhang erstreckt sich hinauf bis in den angrenzenden Wald. Wir schnappen uns die alten Holzschlitten aus der Scheune und eilen den kleinen Berg hoch, beseelt von Kindheitserinnerungen.
Katharina und Annika schnallen die Langlaufskier an und machen sich auf den Weg zur Spielzeugstadt Seiffen. Benjamin erkundet die nähere Umgebung auf Schneeschuhen. Mein Highlight ist unsere spätere Ausfahrt mit dem Pferdeschlitten durch den märchenhaft verschneiten Winterwald. Das Getrappel der Pferde versetzt mich in eine längst vergangene Zeit zurück. Ich beobachte das Spiel von Licht und Schatten zwischen den Tannen. Auf einer baumfreien Anhöhe angekommen, mit weitem Blick über die Gebirgslandschaft, wird Picknick gemacht. Nach einer zünftigen Schneeballschlacht geht es zurück zum Kleinen Vorwerk. Arzgebirg wie bist du schie.
Der Artikel ist erstmals im WINGS Magazin erschienen.