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Mein kleiner Neffe kann es gar nicht mehr erwarten. Er rennt zum Bug der „Margarita“, als käme er dadurch seinem Ziel schon näher. „Mama, kann der Kapitän nicht endlich losfahren?“, fragt er seine Mutter. „Gleich! Die anderen Passagiere müssen doch auch noch an Bord“, antwortet sie. Mein Neffe zieht ein genervtes Gesicht. Er ist ganz aufgeregt, kann kaum stillsitzen.

Kleine Höhlen und Piraten-Legenden im schönsten Naturpark Mallorcas

Mein Neffe ist sechs Jahre alt, kommt aus Düsseldorf und ist definitiv der größte Piraten- und Dinosaurier-Fan an Bord. Stolz zeigt er mir sein türkisfarbenes T-Shirt, auf dem ein Tyrannosaurus abgebildet ist. Er hat es extra heute angezogen. Immerhin geht es auf die „Dracheninsel“! „Ich weiß natürlich, dass es keine Drachen mehr gibt. Ich bin ja nicht doof. Aber Eidechsen finde ich auch super“. Und von denen gibt es Hunderttausende auf der Insel vor Mallorca. Sie sind endemisch, kommen also nur hier vor und gaben der Insel ihren Namen: Dragonera kommt vom mallorquinischen Dragó, was Echse bedeutet.

Eine zerfetzte Piratenflagge weht vor blauem Himmel im Wind. Quelle: Xnon Clemente

Endlich schmeißt Kapitän Pep den Bootsmotor an. Rund 20 Minuten dauert die Überfahrt auf dem Meer von Sant Elm hinüber nach Sa Dragonera. Von der Luft aus betrachtet sieht die vier Kilometer lange und bis zu 900 Meter breite Felseninsel aus wie ein liegender Drache. 

Im Naturpark angekommen: Unterwegs in unberührten Landschaften

Langsam steuert der Kapitän das Boot in den Natur-Hafen der Cala Lladó, der „Räuberbucht“, wo früher Piraten und Schmuggler auf der Suche nach einem Versteck anlegten. Das Wasser ist so klar, dass man bis auf den Grund des Meeres schauen kann. Die Natur ist hier wirklich beeindruckend. „Guck mal, Mama, wie viele Fische da schwimmen“, ruft mein Neffe aufgeregt. Ein Parkwächter heißt die Besucher im Naturpark willkommen und weist auf einige Verhaltensregeln hin.

Ein lachendes Kind mit blond-gelocktem Haar trägt eine blaue Taucherbrille. Quelle: Nadia Berg

Über eine kleine Steintreppe geht es hinauf zum Naturpark-Zentrum, wo wir uns mit Informationen eindecken. Das begeistert auch die Kinder – denn dort sind auch Tierskelette und Nachbildungen der tierischen Inselbewohner zu sehen. Und von denen gibt es eine Menge auf der Dracheninsel – Robben, Falken, Kormorane, Sturmtaucher, Korallenmöwen (auch die gibt es nur auf Dragonera) und natürlich die „Mini-Drachen“.

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Die Landschaft des Naturparks ist geprägt von Pinien, Olivenbäumen und kleinen Zwergpalmen. Ansonsten ist die Insel, die unter Naturschutz steht, mit ihren schroffen Steilküsten relativ karg. Auf insgesamt drei Wanderwegen können Besucher den Naturpark erkunden. Wir wählen die kürzeste Route zur Nordspitze der Insel, wo der Tramuntana-Leuchtturm aus dem Jahre 1910 malerisch über einer Klippe thront.

Wie die kleinen Drachen aus ihren Höhlen kommen

Der Weg ist eigentlich nur 1,7 Kilometer lang, hat kaum Steigungen und man braucht rein theoretisch eine Stunde hin und zurück. Aber nicht mit Kindern. Auf dem Weg gibt es einfach zu viel zu entdecken. Wir laufen wieder zurück zur Räuberbucht, wo andere Kinder im glasklaren Wasser schnorcheln. Während mein Neffe eifrig Fischschwärmen nachjagt, bereitet seine Mutter an einem Tisch unter duftenden Pinien ein Picknick vor. „Gott sei Dank habe ich mich in Sant Elm im Supermarkt mit Wasser und Proviant eingedeckt, denn hier im Naturpark gibt es weder Restaurants noch etwas zu kaufen“, sagt sie.

Zwei Segelboote fahren auf dem Wasser vor einem Himmel im Abendlicht. Quelle: Markus Hertrich

Wachtürme schützten Mallorca vor Seeräubern 

Ich gehe alleine weiter, möchte auf einem anderen Wanderweg noch mehr von der Insel im Westen Mallorcas sehen. Zum Llebeig-Leuchtturm an der Südspitze sind es knapp vier Kilometer. Auf dem Schotterweg sehe ich einige Höhlen. In diesen Höhlen haben Piraten und Schmuggler früher sich oder ihre Waren versteckt. Da Sa Dragonera immer unbewohnt war und reichlich Trinkwasser hat, waren die Insel und ihre Höhlen das perfekte Versteck. Auch an alten Wachtürmen und Kanonen komme ich auf dem Weg vorbei. Sie dienten dazu, Mallorca vor Piraten und deren Schiffen zu schützen. Nach knapp der Hälfte des Wegs kehre ich aber um: Es ist zu heiß und es gibt kaum Schatten.

Blick auf eine kristallklare Bucht mit Felsen und einem kleinen Boot. Quelle: Alamy / NiHo

So bleibt noch Zeit, die vielleicht schönste Route zu wandern: hinauf zur Ruine des Leuchtturms Far Vell auf dem Na Pòpia Berg. Mit 352 Metern ist er der höchste Punkt der Dracheninsel Sa Dragonera. Es riecht nach Rosmarin. Am Wegrand wachsen Heidekraut und Kreuzdorn. Der Aufstieg ist anstrengend, doch es lohnt sich: Der Panoramablick auf Sa Dragonera und die Westküste Mallorcas ist einfach sensationell. Stundenlang könnte ich den Eleonorenfalken bei der Jagd nach kleineren Vögeln zuschauen. Doch ich muss zurück. In der Räuberbucht wartet schon Pep mit dem Boot, uns alle zurück nach Mallorca bringt.

Ein Falke sitzt auf einem Felsen. Quelle: Alamy / tbkmedia.de

Drachenhöhlen – auch auf Mallorca

Ein Tipp zum Schluss: Wer nach dem Ausflug auf die Dracheninsel noch nicht genug hat, findet auch auf Mallorca selbst großartige Drachenhöhlen. Die Cuevas del Drach liegen im Osten der Insel, in der Nähe von Porto Cristo. In den Tropfsteinhöhlen gibt es zwar keine Piraten-Legenden, aber – und das ist vielleicht noch beeindruckender – unterirdische Seen. Der Lago Martel ist einer der größten weltweit. Zwischen Mai und August solltet ihr die Drachenhöhlen nicht besuchen, denn dann ist es wahnsinnig voll. In der Nebensaison ist es in den Drachenhöhlen viel entspannter.

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Manuel Meyer

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