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Von Trinidad ins Tal der Zuckermühlen schauen

Wir starten unser Familienabenteuer in Trinidad. Kein Ort auf der Insel wurde so sehr vom Reichtum der Zuckerbarone geprägt wie das Kolonialstädtchen mit seinen pastellfarbenen Prachtbauten. Bestes Beispiel dafür ist der Palacio Cantero, das als Museum hergerichtete Haus eines Zuckerrohrbarons mit Marmorfußböden, Zedernholzdecken, Kronleuchtern, riesigen Wandspiegeln, französischem Porzellan und tropischen Pflanzen. Die Kinder fühlen sich in diesem karibischen Kolonialpalast wie im Märchen. Wir besteigen über engen Stiegen den Turm des Anwesens und können hinterm Horizont bereits das Tal erahnen, in das unser heutiger Ausflug geht. Das satte Grün der Zuckerrohr-Pflanze dominiert den Ausblick und die Vorfreude auf den Zucker-Ausflug steigt.

Landestypische Türverziehrung im Palacio Cantero in Trinidad. Quelle: dov makabaw Cuba / Alamy Stock Photo, dov makabaw Cuba / Alamy Stock P

Mit der Dampflok durch das Valle de los Ingenios

Trinidad ist ein guter Ausgangspunkt für viele Ausflüge. Doch unser heutiger Ausflug ist etwas ganz Besonderes, bei dem vor allem kleine Eisenbahnenthusiasten und Schleckermäulchen voll auf ihre Kosten kommen. Unsere Kinder lieben die Fahrt mit der rustikalen Dampflok, die uns in das Tal bringt, in dem seit Jahrhunderten Zuckerrohr angebaut wird. Wir nutzen die Fahrt durch das Valle de los Ingenios und klären den Nachwuchs in Sachen Zuckergewinnung auf, denn mit Süßigkeiten glauben sie sich ja auszukennen. Der Blick ins malerische Tal täuscht darüber hinweg, dass über viele Jahrhunderte hinweg Sklaven den Reichtum der Region erwirtschaften mussten. Vergessen sollte man das nicht, aber zu spüren ist für uns davon nichts mehr: Heute sind alle Bewohner der Insel gleichberechtigt, wie wir den Kleinen erklären.

Drei Zuckerrohrstiehle liegen auf einem Tisch. Quelle: Karin Dreyer

Kletterpartie auf der Zuckerrohr-Hazienda

An der Station Manaca Iznaga kommt das Stahlross schließlich schnaufend zum Halt. Ein breiter Weg erstreckt sich vor uns. Er führt zur Plantage der einst superreichen Iznaga-Familie. Hier stehen wir inmitten eines der historischen Zentren des karibischen Zuckerrohranbaus. Noch immer mahlen die Zuckermühlen der Umgebung (wenn auch mit modernen Maschinen) die Pflanzen. Anbau, Wachstum und Ernte der Pflanzen, die uns das „weiße Gold“ schenken, lässt sich wunderbar beobachten. Verschaffen wir uns also einen Überblick! Vorbei am ehemaligen Anwesen der Plantagenbesitzer laufen wir den kurzen Weg zum sieben Stockwerke hohen Torre Manaca Iznaga, der einst als Wachturm über die Anlage diente. Über die stabilen Holztreppen geht es bis aufs Dachgeschoss des Turms. Von oben haben wir eine fantastische Aussicht über das grüne kubanische Hinterland, wo das Zuckerrohr außerhalb der Erntezeit (die von November bis Mai dauert) wie Unkraut wächst. Unsere Kinder beobachten fasziniert die riesigen Erntemaschinen, mit deren Hilfe die Bauern heute die Zuckerrohrfelder ernten. Es ist schon fast meditativ, aus der Vogelperspektive bei dieser Arbeit zuzuschauen. 

Ausblick von Torre Manaca Iznaga. Quelle: rphstock / Alamy Stock Photo

Vorsichtig geht es wieder nach unten, wo die freundlichen Turmwächter sich nach der Aussicht erkundigen. Vorbei an der Wäsche der Einheimischen, die friedlich im Schatten der Häuser trocknet, machen wir uns auf, die restliche Plantage zu besichtigen. Nicht weit entfernt vom Turm befindet sich das ehemalige Wohnhaus der Pflanzerfamilie Iznaga – Casa Guachinango – das heute als Restaurant dient und wo wir eine kleine Mahlzeit zu uns nehmen. Keine schlechte Idee, denn bis der Zug wieder zurück in die Stadt fährt, dauert es noch eine Weile. Geduld ist wie immer eine Tugend auf der Insel, was unserem Urlaub zu Gute kommen soll.

Eine Frau schaut auf das Valle de los Ingenios. Quelle: Bruno Behier

Casa Guachinango – wo das süße Rohr verkostet wird

Dass es Saft, der ja als gesund gilt, auch vom Zucker gibt, ist unseren Kindern neu. Den Zuckerrohrsaft (guarapo), der mithilfe einer historischen Metallmühle am Herrenhaus frisch ausgepresst wird, haben wir uns jetzt wirklich verdient. Dabei lernen wir: Man kennt das Getränk nicht nur hier, sondern in der gesamten Karibik, da auf fast allen Inseln historisch einmal der Anbau von Zuckerrohr stattfand. Die alte Saftpresse stammt noch aus Kolonialzeiten, verarbeitet das Zuckerrohr aber noch genauso gut wie damals. Freundlich fragen wir den Mitarbeiter, ob unsere Kinder auch einmal kurbeln dürfen – na klar. Nach dieser süßen Erfrischung, die auch als Dessert durchgehen kann, bringt uns die Dampflok zurück nach Trinidad. Unterwegs beobachten wir noch einmal die Häuser und Plantagen entlang der Bahnstrecke: Wir sehen Menschen aller Hautfarben, Ochsenkarren und Erntehelfer gemütlich ihrer Wege gehen. Und langsam bekommen wir ein Gefühl dafür, wie viel und zugleich wie wenig sich seit der Zeit der Zuckerrohr-Barone im „Tal der Zuckerrohrmühlen“ verändert hat.

Ein Glas Zuckerrübensaft steht auf einem Tisch. Daneben liebt Zuckerrohr. Quelle: Suphkr Rx Wicitr / EyeEm

Unser Fazit: Im Familienurlaub auch mal hinter die Kulissen Havannas schauen und Zuckerrohrplantagen besichtigen? Unbedingt ausprobieren und von Trinidad aus mit der Dampflok starten. Ein Highlight für Kids und Eltern!

Marcel Kunzmann

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